Vollmondnacht von Hermann und Yves H.

Ich hab ja die letzten Jeremiahs noch nicht gelesen, aber Vollmondnacht war dann n willkommener One-Shot, mal wieder was von meinem früheren Lieblingszeichner Hermann zu lesen, was er nach seiner 'coleur-directe'-Phase gemacht hat. Und was soll ich sagen? Sieht aus, als ob Hermann das Zeichnen verlernt hat...!?

Bild(aus)schnitt, Blickwinkel, 'Kameraführung',... - all diese 'erzählerischen Aspekte' der Zeichnerei, die hat er immer noch drauf. Aber schon bei der 'richtigen' Perspektiv-Zeichnung hat's Schwächen und Anatomie, insbesondere Gesichter, ist nur noch auf 'Fan-Zeichner-Niveau'. Hintergründe, Natur, Tierdarstellung, 'dramatische' Schraffuren, 'lebendige', ausdrucksstarke Strichführung,... - all das, was seine Arbeit in den 70ern und 80ern besonders gemacht und ihm seinen Ruf als einer der besten realistischen Zeichner eingebracht hat, ist nicht mehr auf einem Stand, der diesem Ruf noch gerecht wird. - Man vergleiche nur mal die Rinder bei Comanche mit den Kühen in Vollmondnacht...

Enttäuschend, um nicht zu sagen 'erschütternd', was aus Hermanns Kunst geworden ist...

Die Story von Yves H.: Belanglos, ohne Tiefe, kaum Charakterisierung oder nachvollziehbare Motivationen der Protagonisten und mit einer Brutalität übergossen, die nach Effekthascherei schmeckt. Gut, es hat keine grossen Brüche, lässt sich flüssig lesen und ist dabei auch leidlich 'spannend', aber wenn man dann durch ist, hinterlässt es einen relativ unberührt und ohne 'Nachhall'.

Gesamturteil: Kann man lesen. Muss man nicht. Gemessen an den Erwartungen enttäuschend, gemessen an 'objektiven' Kriterien: unbedeutendes, seelenloses Mittelmass. Nicht 'grottig', aber auch weit entfernt davon ein 'Meisterwerk' zu sein.

Ich sach mal: 3 von 5.

Der Thread ist bisher komplett an mir vorbei gegangen. In solchen Fällen wäre hilfreich einen 'siehe'-Hinweis auch mit einem Link zu versehen...

Er hat seinen Zenit schon länger überschritten, wird dazu auch nicht jünger, ganz normal.
Nun macht halt auch Hermann seine fortschreitende Form von "Wäscherisierung" durch , wie so viele vor und auch nach ihm noch. :(
Verlust von Stilsicherheit, Verluste in ,der Anatomie und in der Perpektive.
Dazu keinen Top Autor wie Greg früher an der Seite, nun, dass ist das Ergebnis, aber wenigstens stimmt die Familienkasse.
Icb selbst fand den letzten Andy Morgan schon grottig, ganz zu schweigen von Jeremiah.
Naja, wenigstens keine Direktcolorierung mehr, immerhin.

Ich finds trotzdem 'erschütternd'. Der Mann hat, ich weiss nicht, round about 100 Alben gemacht, also grob 5000 Seiten mit ich weiss nicht wievielen Einzelpanels. Darauf sicher 10.000e Köpfe und Gesichter. Die müssten ihm doch mittlerweile 'blind' perfekt aus der Hand fliessen. Stagnation könnt' ich verstehen, aber diesen Rückschritt find ich 'unfassbar'.

Ich trau mich jetzt gar nicht, die Verschweissung der letzten Jeremiahs zu öffnen. Sind die auch schon so 'rückschrittig' wie 'Vollmondnacht'? Ich hatte mich ja gefreut, dass Hermann von coleur-directe abging und wieder 'richtig zeichnet' - und die paar Sachen, dies online zu sehen gab, waren auch soweit ganz okay und liessen nicht darauf schliessen, dass er 'alles verlernt hat'... :weissnix:

Also ich weiß nicht was ihr habt. Mir hat der Band gefallen, gute Unterhaltung, gut umgesetzt.
Ich erwarte auch nicht, dass Hermann in fortgeschrittendem Alter noch einmal das Rad neu erfindet.
Und es gab schon weitaus schlechtere Einzelalben davor. Diesen finde ich eher besser.

Leider gab's im LAden keine Ansichtsexemplare, sonst hätte ich heute gern mal reingeblättert.

Zitat:

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10.000e Köpfe und Gesichter. Die müssten ihm doch mittlerweile 'blind' perfekt aus der Hand fliessen.

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Genau das ist wohl das Problem. Hermann zeichnet nur noch automatisch, da kann einen höchstens noch das altvertraute an seinem Stil freuen. Aber "Roh oder Gebraten" ist wohl vom jungen Hermann auch bekömmlicher als vom alten.

Vielleicht sollten wir aber auch nur dankbar sein, daß
ein so verdienter Künstler auch im Alter noch aktiv
ist-wer weiß, welche altersbedingten Beeinträchtigungen
ihn plagen...

Man merkt, dass Du noch keinen Zeichner persönlich getroffen hast und auch sonst Comics wohl nur auf der egozentrischen Ebene bewertest.

So sind die Dinge, der Mond und das Leben. Ich glaube zum Beispiel, bei mir steht Moebius immer noch deshalb so hoch im Kurs, weil ich irgendwann und schon länger her aufgehört habe, mir seine Neuheiten zu kaufen, nach Sternenwanderer 3, um genau zu sein. Andere kaufe ich treu und brav bis zum Gottserbarm, obwohl ihre Sachen längst nicht mehr gut sind, und finde sie wegen ihrer Frühwerke komplettkaufwürdig. Wieder andere sind genial und ich habe sie noch nie gekauft. Es gibt zahllose Möglichkeiten, mit Qualitätseinbrüchen umzugehen. Bei Herrman mache ich so ein Mittelding. Er gefällt mir schon seit Jeremiah 19 (spätestens!) nicht mehr, deshalb habe ich Jeremiah nur bis 20. Bos-Maury fand ich anfangs genial, bald aber stark überschätzt und habe die Serie komplett abgestoßen. Andy Morgan 18 habe ich gekauft, obwohl er mir nicht gefällt, ist ja auch nur 1 Band, und alles andere (also die Einzelbände) muss ich nicht haben und scheint auch komplett der Phase zu entstammen, die mir gar nicht gefällt, und zwar inhaltlich nicht und zeichnerisch auch nicht. Jugurtha 1 und 2 gefielen mir so gut, dass ich gerne die komplette Serie hätte, obwohl nicht von Herrmann, Comanche habe ich ohne Herrmann nicht gekauft. Dieses ganze Verhalten ist so individuell und spontan subjektiv, da wird jeder eine andere Meinung zu haben. Wahrscheinlich kann jeder mit seiner Entscheidung gut leben.

Und du würdest nicht gerne irgendwann die ersten Bos Maury mal wieder lesen?
Ich war von Sin City mal so genervt, dass ich alle Folgereihen nach "Dame to kill for" abgestoßen hatte. Inzwischen hab ich fast alle wieder. Das ist echte Hassliebe.

Ich habe Bos-Maury 1 bis 10 bestimmt 5x gelesen und finde die ersten 3 bis 4 Bände ausgezeichnet. Dann wird es seltsam dünn und mit dem Umbruch ins Gelobte Land wird es in meinen Augen total beliebig. Mit Band 10 hat er die Reihe selbst komplett abgeschossen und sich damit mal wieder von einer unlieb gewordenen Last scheinbar endgültig befreit. Mir kommt das so vor. Kann aber auch sein, dass ich das Genialische an seiner Erzählstruktur verkenne. Jedenfalls stehen die ersten Bände ohne weitere Fortführung etwas leer im Raum, es wird ja sehr deutlich, dass es nicht mit Band 4 zu Ende ist. Auf Fragmente hatte ich keine Lust und habe deshalb alles abgestoßen. Auch bei Jeremiah hatte er besonders zwischen Band 10 und 15 etwas Außergewöhnliches. Dies Aneinandervorbeigehen von Handlung und Hauptpersonen fand ich toll, besonders in Band 13. Mit demselben Prinzip hat er die Bände ab 18, 19 in den Sand gesetzt und es anschließend totgeritten und mit unappetitlichen Gewaltszenen interessant halten wollen.
Aber das ist wieder ein anderes Thema. Es ging ja darum, dass ich wie alle mit meiner Qualitätswahrnehmung individuell umgehe. Gäbe es Jeremiah für 5 Euro im Heft, würde ich jeden Band weiterhin treu und brav kaufen. Denn ich kaufe deutlich schlechtere Comics, weil sie günstiger sind. Für Jeremiah ist mir die einzig erhältliche Luxusvariante zu teuer. (Band 1 gab es mal als Heft zu Band 20! Das fand ich super! Ich würde mir in diesem Format zu kleinerem Preis viel mehr Sachen kaufen und viel mehr Augen bei der Qualität zudrücken. Da würde ich mir auch die Vollmondnacht kaufen, einfach weil es für das Geld eben doch Herrmann ist, für das andere Geld ist es eben nur Herrmann.)

Ach,Hermanns Zeichenstil hat sich im Laufe der Jahre verändert? Grandiose Erkenntnis! Sollte eigentlich bei jedem Zeichner zu erwarten sein...Ach,zu alt ist er auch noch,ja wieso geht der Mann denn nicht ins Altersheim? Ach,stimmt ja ,er muß ja noch möglichst viel Kohle machen....
Die Beiträge von einigen von Euch sind so daneben und überflüssig,daß ich mich über mich ärgere,weil ich mich über solche gedankenlosen Kommentare ärgere.

Zitat:

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Zitat von Manx cat

Genau das ist wohl das Problem. Hermann zeichnet nur noch automatisch, da kann einen höchstens noch das altvertraute an seinem Stil freuen.

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Das klang wohl abwertender als es gedacht war. Aber wer blind ein Gesichterrepertoir aus dem Ärmel schütteln kann, dem ist vielleicht die Fähigkeit verloren gegangen, an den Strichen so lange zu feilen, bis sie etwas besonderes sind.

Der Hermann-Fan wird sich über Neues sicher trotzdem freuen. Den von ihm gezeichneten Dracula-Band fand ich übrigens recht lesenswert. Die Darstellung der gespitzten Holzpflöcke hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das Album hat aber sehr zu Hermann und seiner Philosophie gepasst und hätte wohl von niemandem anders gezeichent werden können. Ich halte "Auf Draculas Spuren 1" sogar für herausragend. Sehr Hermannesk.

Vollmondnacht ist jetzt verfilmt worden unter dem Titel The Owners
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Owners_(2020_film)
https://www.tuttotek.it/film-serie-t...aisie-williams
https://defilmblog.be/archive/2020/0...williams.html/

Irgendwie hab ich beim aktuellen Wiederlesen das Gefühl, dass hier Postings fehlen, weswegen bei den verbleibenden ggf. ein falscher Eindruck entsteht, auf was sich eine Bemerkung bezieht. Beziehungsweise, man meint, sie bezöge sich auf das/ein voriges Posting, weil das, auf das es sich wirklich bezieht, nicht mehr da ist. Gab ja einige User, die alle ihrer Posts gelöscht haben (oder einen Großteil davon, soviel, wie halt ging) - vermutlich ist das hier ein etwas stärker davon betroffener Thread...

Egal. Danke für den Verfilmungs-Hinweis.