"Liebe Leser,
während ich mir Gedanken über das anstehende Editorial mache, kommen gerade die abschließenden Meldungen zum zweitgrößten Comic Event der Welt herein. Das 1970 erstmals stattfindende Comicfestival in San Diego zieht mittlerweile fast 130.000 Besucher an und erfüllt die Küstenstadt mit buntem Treiben und pulsierendem Leben. Das aus der Golden State Comic Book Convention hervorgegangene Ereignis war ursprünglich ein reines Comictreffen, einer Comicbörse oder einem -tauschtag nicht unähnlich, mit nicht einmal 200 Fans. Nach einem Wechsel der Location zum Beginn der 80er Jahre konnten sich die Organisatoren über bis zu 13.000 Besuchern erfreuen. Mittlerweile hatten auch die arrivierten Verlage die Wichtigkeit erkannt und präsentierten ihre Programme und Neuerscheinungen, und Künstler signierten comic books und Drucke. Seit 1991 wird die Comic Con im Convention Center von San Diego abgehalten und konnte 2009 127.000 Besucher verbuchen.
Allerdings ist aus der reinen Comic-Messe ein Multi Media-Ereignis geworden, wo nicht mehr nur Comicverlag in aufwändigen Präsentationen und an riesigen Ständen ihre Comics und ihr Merchandise ausstellen. In den letzten Jahren nutzten auch immer mehr Film- und TV-Produktionsfirmen die Convention, um ihre Filme und Serien vorzustellen und das Feedback der Besucher als Gradmesser zu schätzen. So werden dort regelmäßig u.a. erste Trailer von Marvels oder DCs Superhelden-Verfilmungen einem neugierigen und fachkundigen Publikum gezeigt, dessen Einlassungen sehr wohl ernst genommen werden, da die Produzenten wissen, dass sie hier ihr Kernpublikum und die Meinungsmacher finden. Bekannte Schauspieler stehen auf Podiumsdiskussionen Rede und Antwort und finden auch Gefallen daran, ihrem Publikum so nahe zu sein.
Knapp sechs Wochen nach dem Comic Salon in Erlangen schleicht sich beim Autor dieser Zeilen ein leises Dritte Comic-Welt-Gefühl ein. Wie kann es sein, dass man hierzulande mit sinkenden Besucherzahlen zu kämpfen hat, während über dem Großen Teich die Eintrittskarten künstlich limitiert werden, da das maximale Fassungsvermögen des Convention Centers mittlerweile erreicht ist? Kann es daran liegen, dass dort dem wilden Kommerz gehuldigt wird, während hierzulande immer noch der Kunstanspruch im Vordergrund steht?"
viel spaß beim diskutieren.
efwe
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