So, gerade den neuen Corto gelesen. Pellejero channelt Pratt noch besser als beim Vorgängeralbum, auch wenn er viel mehr Arbeit in detaillierte Hintergründe legt, als es der Meister jemals getan hat. Gerade in der SW-Version gelingen ihm unheimlich atmosphärische Bilder, die besser sind als alles, was Pratt nach dem Haus von Samarkand selbst gezeichnet hat. Was für eine Wohltat nach dem unausgegorenen Buch von Vives.

Auch die Handlung atmet den Geist der großen Corto-Klassiker: vertraute Nebenfiguren, mehrere Geheimbünde, "Tote", die wieder zum Leben erwachen, viele Referenzen auf Geschichte und Mythologie und eine Traumsequenz, die auch direkt aus den "Schweizern" stammen könnte. Aber Canales setzt auch eigene Akzente, indem er eine deutlich politischere Geschichte erzählt, als Pratt selbst es in dieser Serie jemals gemacht hat. Und Corto ist diesmal gar nicht unentschlossen, sondern zeigt klar Haltung gegen die Nazis. Nebenbei wird noch der expressionistische deutsche Stummfilm gewürdigt, wobei die entsprechende Seite vom Zeichenstil her auch gut in "Sin City" gepasst hätte.

Auf dem Niveau dürfen die beiden Künstler gerne noch ein paar Jahrzehnte weitermachen.