Zitat Zitat von Jovis Beitrag anzeigen
Da können wir uns jetzt gegenseitig begrenzte Wahrnehmung vorwerfen. Ich glaube aber, es hat doch eher was mit Lebensblasen zu tun. Ich bin Jahrgang 66 (also 57) und war quasi gezwungen, englische Filme zu gucken, weil es die in D nicht oder nicht ungekürzt gab. Von US-Comics ganz zu schweigen. Aber meine Angestellten und Azubis sind alle zwischen 20 und 30 und es ist mir nicht gelungen, denen Sion Sono oder auch nur die Rocky Horror Picture Show nahezubringen, weil die grundsätzlich nichts gucken, was nicht deutsch ist und/oder Untertitel braucht. Dabei ist meine neueste Azubi sogar grundsätzlich manga-esque gekleidet. Von den Eltern der Kinder die ich betreue, ist nicht im geringsten zu erwarten, dass die sich mit Fremdsprachen beschäftigen. Kein einziger! Nada. Null! (Es sei denn die sind schon herkunftsmäßig zweisprachig unterwegs. Da ist dann aber englisch auch nicht zu erwarten. Da habe ich im Moment nur die Frau eines Arztes, die mit mir in erster Linie gebrochenes englisch spricht. Ich glaube, englische Filme guckt die auch nicht.)

Aber wie oben schon gesagt wurde: mein Sohn und die Kinder meiner Freunde gucken durchaus regelmäßig untertitelte oder englische Filme. Diese Welt ist durchaus noch da, nur im Vergleich zu Zeiten, wo ich selbst noch studiert habe und mich fast ausschließlich in bildungsnahen Kreisen bewegte, deutlich kleiner geworden.

Und noch: vielleicht bin ich gerade über bestimmte Diskussionen hier etwas sensibel, aber ich glaube, meine Beobachtungen anzuzweifeln oder mit Alter in Verbindung zu bringen, wird mir nicht gerecht und damit auch nicht dem Thema. Ich glaube nicht, dass ein Großteil der deutschen Bevölkerung globalisierte Kultur konsumiert. Eine meiner Kolleginnen mit Hauptschulabschluss guckt NUR Tiktok und "Unter uns"! Und jetzt fängt wohl Dschungelcamp bald an. Habt ihr das alle auf dem Schirm, dass DAS deutsche Kultur ist?
Es ging darum, dass du geschrieben hattest, du kennest niemanden in deinem Umfeld, der jünger sei als du und Filme oder Serien auf Englisch gucke. Das hat mich dann schon sehr gewundert, weil es mEn doch eher die jüngeren Generationen sind, für die das selbstverständlich ist, eben wegen Netflix, Disney+ & Co. Für uns 45+-Menschen war es in der Jugend ja fast unmöglich, überhaupt OV- oder OmU-Fassungen zu sehen, wenn man nicht gerade holländisches TV reingekriegt hat (von den sehr gelegentlichen Zweikanalausstrahlungen in ARD und ZDF mal abgesehen). (Ja, hier in Düsseldorf gab es ein Kino, das fast ausschließlich Filme auf Englisch gezeigt hat, aber ohne Untertitel. Da war ich als Azubi/Zivi ein paar Mal drin, aber weil mein Englisch damals einfach noch nicht so gut war, fand ich's dann doch eher anstrengend und ich hab je nach Film wohl auch nur die Hälfte verstanden). Die Routine kam eigentlich erst mit den Downloads von US-Serien und nach ein, zwei Jahren wurde zumindest mein Hörverstehen so gut, dass ich inzwischen im Prinzip jede englischsprachige Serie ohne UT zu 95 Prozent verstehe, Ausnahme vielleicht irische Serien - also, Derry Girls war schon eine Herausforderung. )

Und nein, ich glaube auch nicht, dass die Mehrheit der Deutschen Originalfassungen guckt oder Bücher in Fremdsprachen liest. Hat hier einfach keine Tradition und die Meisten sind es nicht gewohnt. Natürlich ist das eine kleinere Blase, aber sicher eine viel größere als noch vor 15 Jahren.