Sinaras Villa
Noch bevor Willow die Klinge herniedersausen ließ, erklang hinter ihr eine Stimme, die sie zwar noch nicht oft vernommen hatte, nichtsdestotrotz sofort erkannte - es war die Stimme ihrer Gastgeberin hier, die Stimme der Frau, die ihr in London einen Moment mit Froze geschenkt hatte, die Stimme dieser Vampirin die ebenso mächtig wie stolz war - und vielleicht ließen sie deshalb die folgenden Worte innehalten, obwohl kein Zauber darin lag, kein Befehl, nicht einmal ein Vorwurf. Nein, Sinaras Stimme war ruhig und aufrichtige Sorge la darin, als sie ihr Anliegen vorbrachte. "Willow ... tu es nicht. Ich bitte Dich."
*
"Dann tut das, es wird nichts ändern. Sie bedeutet nichts."
Diese Worte Eriks waren vermutlich das letzte, das Christine erwartet hätte und ähnlich schien es den Ordensmännern um sie herum zu gehen und der Vorsitzende verlor endgültig die Fassung: "Das verdammte Collier, wo ist es?" Christine konnte die Adern sehen, die auf der Stirn des Mannes hervortraten. Er war nach vorne geschnellt, nun direkt über Erik gebeugt, so dass dieser den Atem seines Peinigers nun im Gesicht spüren musste - doch er regte sich in keinster Weise, seine Miene blieb starr und stolz.
Ebenso plötzlich, wie er auf Erik zugestürmt war, wandt der Magier sich nun wieder ab und schritt eiligen Schrittes auf den Ausgang der Folterkammer zu. "Bereitet ihn vor", bellte er seine Untergebenen im Gehen an, "ich habe genug. Wir werden das "reine Herz" auch so finden. Heute Nacht wird Fenrir besonders reich beschenkt."
*
Ein Schulterzucken war die einzige Reaktion dieser Fata Morgana, mit Quicksilvers Antlitz - sofern es nicht doch mehr war als das. Einige Momente kehrte Stille ein, dann aber ließ das Geräusch von Schritten Gabrielle wieder aufsehen. Er stand nun vor ihr, sah emotionslos auf sie herab. "Es ist OK. Wozu sich den Kopf noch zerbrechen, ob ich wirklich bereits tot war, ob nicht einer der anderen mit ihren mannigfaltigen Talenten mich noch hätte retten können. Was geschehen ist, ist geschehen. Und dich schreckt weniger, was du vielleicht gerade wirst, als der Gedanke, schon in Kürze vielleicht gar nicht mehr zu sein, nicht wahr?" Er nahm neben Gabrielle Platz und legte ihr die Hand auf die Schulter. "Wenn du die Zukunft änderst, aus der du stammst - wird es dich dann noch geben?"
*
"Dann sieh zu, ob du diesen Geruch nicht wiederfinden kannst", erklärte Connor Markus mit eindringlicher Stimme. Sein Blick war ernst und fordernd. "Er ist hier, Markus ..."
Und tatsächlich ... der Vampir war so darauf fokusiert gewesen zu prüfen, ob dieser alter Freund vor ihm wirklich war, was er vorgab zu sein, dass er die Witterung bisher nicht wahrgenommen hatte. Die Witterung dieses Nymphen, mit dem er in Tibet und in Delphi bereits gekämpft hatte ...
*
Frozes Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, so dass die bernsteinfarbene Iris fast zwischen den Lidern verschwand. Sein Atem beschleunigte sich, auch wenn er bemüht war, ihn ruhig zu halten. Er sagte nichts, wusste nicht was. Hier standen zwei Wesen neben ihm, die ihn gedemütigt hatten, besiegt gar - die einzigen, die es je dauerhaft vermocht hatten.
"Oh Froze", sagte Athene kühl und sie schien seine Gedanken lesen zu können (Ob sie dies konnte? Welche Grenzen mochte eine Göttin haben?), denn ihre folgenden Worte trafen rasiermesserscharf: "immer siegreich, immer stolz, immer stärker - ein wahres Meisterstück Darwins, nicht wahr? Sogar besagten Fluch hast du in eine Gabe verwandelt und sie verwendet, um nur umso grausamer sein zu können." Sie trat näher und streckte ihre Hand aus, doch Froze schnellte zurück vor ihrer Berührung, jede Sehne, jeden Muskel angespannt, nur um zu merken, dass hinter ihm noch immer die Koshara stand.
***
Kairo
Grasson gab ein heiseres Lachen von sich. "Es geht, die Stadt hat, so verrückt das klingen mag, bessere Zeiten gesehen." Er beugte sich etwas vor, blickte von Nimos zu Typhoon und zurück, ehe er fortfuhr. "Während der langen Nacht hat Kairo sich zum Ort der Tieflinge entwickelt. Es war eine Bastion, Werwölfe, Halbdämonen, andere Wesenheiten hielten hier zusammen und die Menschen profitierten von diesem Schutz, der sie vor den Vampiren bewahrte. Daher die Akzeptanz - sie erinnern sich, dass wir ihre Wächter waren vor einem gemeinsamen Feind. Doch seit die Herrschaft der Vampire vorüber ist", er machte eine Kunstpause und nahm einen Schluck aus seinem Steinkrug, dessen Inhalt nur zu erahnen war, ehe er weitersprach, "scheinen einige unter ihnen vergessen zu haben, dass sie Nutznießer unserer Anwesenheit waren. Jetzt gibt es genügend, die die Stadt wieder gerne für sich alleine hätten. Noch geht es, wir sind nach wie vor ein Teil von Kairo und es gibt genügend, die uns hier nicht nur dulden sondern nach wie vor akzeptieren. Aber andere ... nunja, inzwischen haben sich sogar kleine Gruppierungen gebildet, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die Stadt von allem Dämonischen zu säubern, notfalls gewaltsam." Er lachte noch einmal heiser. "Sie können ja sehen, wie es ihnen bekommt. Und noch ist es eine Minderheit." Er grinste selbstsicher, doch etwas daran, wie er das Wort "noch" betont hatte, ließ Unbehagen aufkommen.
Lesezeichen