Band vier meiner WWII-Strecke gibt es als kleinen Nachtrag, weil ich gestern nicht zum Schreiben gekommen bin, meine Lektüre fesselte mich zu sehr.
Wüstenskorpione 2 (Das Fort in Danakil & Dry Martini Parlor)
Weiter geht der wilde und etwas absonderliche Wüstenritt des Leutnant Koïnsky. Nach einer mal wieder wundervoll stimmigen Einführung, welche die äußeren Umstände ins rechte Licht rückt und worin ich meine erfahren zu haben, dass Hugo Pratt die Fahr- und Flugzeuge in den „Wüstenskorpionen“, deren Detailgrad ich in meinen Zeilen zu Band eins so hoch gelobt hatte, gar nicht selbst zeichnete, sondern dies einem Guido Fuga überließ, starten wir mit der ersten von zwei enthaltenen Geschichten, „Das Fort in Danakil“.
Zu Beginn der Story ist Koïnsky zusammen mit Leutnant Hassan Beni Muchtar und Leutnant Akavia in luftigen Höhen unterwegs nach Debra Marcos und Mariam zu einem Treffen mit Colonel Wingate und Kaiser Haile Selassie. Das gibt Pratt die Möglichkeit mit Mario Visintini ein italienisches Flieger-As eindrucksvoll in Szene zu setzen, der zwingt unsere Truppe nämlich zur Landung und so werden die Wüstenskorpione vorerst festgesetzt. Dass Frechheit häufig siegt erkennt man an der Dreistigkeit der abenteuerlichen Flucht, auf welche das Herzstück der Erzählung folgt, denn die nächste Etappe der Reise endet im italienisch geführten Fort in Danakil. Hier packt der Autor eine vorzügliche Charakterstudie aus, in welcher der Wahnsinn des Krieges überdeutlich wird. Künstlerisch und tragisch werden wir Zeuge der surrealen Zustände bei stets bedrohlicher Atmosphäre, dazu ein Spritzer Erotik und latente Homosexualität. Ein Meisterstück möchte ich behaupten.
„Dry Martini Parlor“ stellt dann einen Bruch in der Reihe dar. Pratt wechselt von vierreihigen Seiten zu Dreireihern, fährt im Gegenzug den Detailgrad seiner Zeichnungen aber ein Stück weit zurück. Das macht das Ganze, abgesehen von den weiterhin toll aussehenden Gerätschaften, leider nicht gerade ansehnlicher. Die im Kern wehmütige Geschichte voller unerfüllter Sehnsüchte punktet dafür mit irrwitzigen Passagen, die die Actioneinlagen zu humoristischen Einlagen wandeln, in denen der Irrsinn des Kriegsgeschehens weiter auf die Spitze getrieben wird, bevor das Ende nach einem Blick auf die See und den Gedanken an eine wunderschöne Frau wieder nachdenklich stimmt.
Ein hervorragender Fortgang der seltsamen Abenteuer des Leutnant Koïnsky, erzählerisch packt Herr Pratt im Vergleich zum Erstling noch eine gehörige Schippe drauf, für das etwas schwächere Artwork der zweiten, kürzeren Geschichte, gibt es allerdings wieder einen kleinen Abzug. Dennoch eine Steigerung zum sowieso schon starken ersten Band.
8,5-9/10
VG, God_W.
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