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  1. #1
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    Shounen-Ai und Yaoi - Diese Werke braucht der deutsche Markt

    Mir geistert schon ganz lange die Idee für diesen Thread im Kopf herum und irgendwie erschien mir kein Zeitpunkt passender als der jetzige, um meine Vorstellungen endlich in die Tat umzusetzen.

    Nachdem Egmont auf dem deutschen Markt lange Zeit eine Art Monopolstellung in Sachen Shounen-Ai und Yaoi innehatte und andere Verlage nur kleckerweise aus dem BL-Genre lizenzierten, trat mit Hayabusa kürzlich ein Sub-Label auf die Bildfläche, welches sich fast ausschließlich LGBTQ-Themen auf die Regenbogenfahne schreibt.

    Als langjähriger Fan des Genres – ich lese Manga im Allgemeinen und BL im Speziellen wortwörtlich schon mein halbes Leben lang – nehme ich diese Entwicklung und die damit einhergehende gesteigerte Aufmerksamkeit für das Thema freudig zur Kenntnis. Mit Blick auf Japan und beispielsweise unsere Croissants naschenden Nachbarn fällt mir jedoch ein ums andere Mal schmerzlich auf, dass wir hinterherhinken und hierzulande immer noch unfassbar viele grandiose Shounen-Ai- und Yaoi-Titel fehlen.

    In den kommenden Wochen und Monaten möchte ich deshalb ein paar Anregungen geben und regelmäßig bekannte, aber auch einige unter dem Radar laufende Werke mit schwulen Inhalten vorstellen, die es bisher leider nicht auf den deutschen Markt geschafft haben. Zu der Idee inspiriert hat mich im Grunde niemand Geringeres als Comicforum-Legende @Kulturkerbe, der 2013 den wunderbaren Thread „Manga für Erwachsene - Seinen und Josei“ ins Leben rief, in dem ich heute noch manchmal nachlese. Vergleichbares plane ich für dieses Thema, nur eben mit ganz anderer Interessensausrichtung.

    Natürlich wird die Titel-Auswahl unweigerlich von meinem eigenen Geschmack geprägt sein. Ich nehme mir jedoch langfristig vor, auch Serien in den Fokus zu rücken, die ich für lesenswert halte, auch wenn sie mir selbst weniger zusagen. Sonst wird das Ganze am Ende nur zu einer übergroßen persönlichen Wunschliste.

    Bevor ich mich schon im Startpost völlig verquassele, lege ich am besten einfach los. Vorhang auf für die ersten verschmähten Schätze! Lizenzieren erlaubt und erwünscht.


    Inhaltsverzeichnis:
    #01: Kieta Hatsukoi
    #02: Ashita wa Docchi da!
    #03: Canis
    #04: After Work
    #05: Barbarities
    #06:
    Tashiro-kun, Kimi tte Yatsu wa.
    #07: Tourou no Ori
    #08: Yoake no Uta
    #09: Kimi wa Natsu no naka / Kimi to Natsu no naka
    #10: Kachou Fuugetsu
    #11: Hikaru ga Shinda Natsu
    #12: One Week Family
    #13: Fukou-kun wa Kiss Suru Shika Nai!
    #14: Stay Gold
    #15: Oni to Tengoku
    #16: Mitsuya Sensei no Keikakuteki na Edzuke

    #17: Kouguu no Omega
    #18: Blue Sky Complex
    #19: Rumspringa no Joukei / Shinai Naru Gene e
    #20: Kei x Yaku: Abunai Aibou
    #21: Ikenie Monzenbarai
    #22: Hanakoi Tsurane
    Geändert von Eraclea (20.09.2023 um 13:48 Uhr)


    Manga-Wünsche:
    Daraku Kazokuron, Uchuu Kyoudai, Chihayafuru, 3-gatsu no Lion,
    Ashita wa Docchi da, Kei x Yaku: Abunai Aibou,
    Rainbow, Kingdom, Seirei no Moribito (LN), Rumspringa no Joukei, Shinai Naru Gene e, Machida-kun no Sekai, Oni to Tengoku,
    Semantic Error, Historie, Warui Koto Shitai Series, 7 Seeds, Udon no Kuni no Kiniro Kemari, Stay Gold, Kachou Fuugetsu

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  2. #2
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    Kieta Hatsukoi

    Die ehrenvolle Aufgabe, den Reigen zu eröffnen, kommt einem Werk zu, mit dem ich gleich ein bisschen gegen meine eigenen Thread-Regeln verstoße.

    „Kieta Hatsukoi“, im Englischen bald physisch erhältlich unter dem Titel „My Love Mix-Up“, ist tatsächlich kein BL im klassischen Sinne, sondern ein Shoujo und läuft seit 2019 in der japanischen Bessatsu Margaret. Dort befindet er sich in direkter Nachbarschaft zu Autorinnen wie Io Sakisaka („Blue Spring Ride“), Aya Nakahara („Lovely Complex“) oder Karuho Shiina („Kimi ni Todoke“).

    Schwule Nebenfiguren und homoerotische Andeutungen in Shoujo-Manga sind ja wahrlich keine Seltenheit. Bereits Shoujo-Urgesteine wie „Please Save My Earth“ (1987), „Banana Fish“ (1985) oder „Hana-Kimi“ (1996) spielten gekonnt mit mehr oder weniger offensichtlichem BL-Subtext. Vom weltberühmten Zeichnerinnen-Quartett CLAMP und deren exzessiver Vorliebe für Interpretationsspielräume fange ich gar nicht erst an.

    Bis heute ist mir allerdings kein Shoujo-Manga untergekommen, der völlig offen die Annäherung und Beziehung zweier Jungs zelebriert, die nicht bloß Nebencharaktere sind, sondern die eigentlichen Protagonisten des Werkes.



    Worum geht’s? Souta Aoki ist verknallt in seine engelsgleiche Klassenkameradin und Sitznachbarin Hashimoto. Für einen Test verleiht Hashimoto ihren Radiergummi an Aoki, vergisst dabei jedoch dummerweise, dass sie darin den Namen ihres Schwarms Ida eingraviert hat. Vor Schreck und spontanem Herzschmerz lässt Aoki das Utensil fallen. Und wer hebt es auf? Natürlich ausgerechnet besagter Ida, der die vermeintliche Liebesbotschaft auch direkt in die falschen Gehirnwindungen bekommt.

    Damit beginnen die Irrungen und Wirrungen in „Kieta Hatsukoi“, von denen es zu Beginn der Reihe nicht wenige gibt. Die Klischee-Schublade für Standard-Shoujo-Missverständnisse bleibt aber weitgehend zu, die großen Dramen aus. Stattdessen gibt’s ein wahres Humorfest mit Situationskomik vom Feinsten und Charakteren zum Liebhaben. Verpeilte Gesichtsausdrücke inklusive.

    „Kieta Hatsukoi“ stammt übrigens aus der Feder von Aruko, die sich bereits für „Ore Monogatari“ (hierzulande erschienen bei Panini) mitverantwortlich zeichnete. Für die Story ist diesmal zwar nicht Kazune Kawahara zuständig, sondern Newcomer-Autorin Wataru Hinekure. Trotzdem ist unverkennbar die Handschrift des inoffiziellen Vorgängerwerkes zu erkennen. Wer „Ore Monogatari“ kennt, kann sich also in etwa ausmalen, was in dem Überraschungsei drinsteckt: Innige Freundschaften, unschuldig-reine Liebe (auch heterosexuelle, falls das in diesem Thread von Belang ist) und mehr Herz, als in die Brust eines einzelnen Menschen passt. Für Manga-Serien wie „Kieta Hatsukoi“ wurde wahrscheinlich die Kategorie wholesome erfunden.



    Das Verrückte: Der Manga liest sich wirklich wie ein Shoujo- und weniger wie ein BL-Titel. Deswegen halte ich nicht für ausgeschlossen, dass selbst reine Shoujo-Leser/innen, die mit Homoerotik sonst nichts am Hut haben, aber vorurteilsfrei und weltoffen herangehen, Gefallen an der Geschichte um Aoki und seine Freunde finden können.

    Aktuell wird sogar ein japanisches Live-Action-Drama zum Manga produziert, das bereits im Oktober 2021 startet.



    Beim Beliebtheitsvoting Kono Manga ga Sugoi! belegte die Serie dieses Jahr zusammen mit Suu Morishitas „Ein Zeichen der Zuneigung“ (Altraverse) einen soliden neunten Platz unter den Titeln für die weibliche Leserschaft. Neben den aktuell sieben Bänden der Hauptreihe existiert zudem ein Spin-off mit Namen „Kieta Hatsukoi: Shougekijou“, das 2021 vom selben Autoren-Duo gestartet wurde und diverse Kurzgeschichten und Bonus-Episoden aus dem Leben der Protagonisten beinhaltet.


    Manga-Wünsche:
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  3. #3
    Moderator Mangaforen Avatar von Alacrity
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    Oh, interessant! Ich weiß nicht, ob es mir nur so vorkommt, aber während schwule Nebencharaktere in den 80ern und 90ern in Shoujo-Manga häufig vorkamen, war das in den 2000ern und frühen 2010ern weniger der Fall, wenn ich nicht falsch liege. Mit den bisexuellen Liebesdreiecken in Blue Flag und 10th kam das erst wieder, aber eine eigene Nebengeschichte in sich war auch dann weniger zu finden. Ich habe das Gefühl, dass die Expansion des Markts zu einer Heterogenisierung geführt hat - jede Geschichte in ihre Nische, aber die Genre-Cross-Over wurden seltener. Wäre auf jeden Fall aufregend, wenn sich das wieder etwas umkehrt - nicht nur im BL-Bereich~.

    Könnte zwar was beisteuern, aber das mache ich meist ja über die Wünschethreads, auch wenn das da eher untergeht. Generell nehme ich ja alles, aber so vage Wünsche - nicht bezogen auf real existierende Titel, sondern allgemein, was möglicherweise exisitert:
    - Geschichten mit sarkastischem Uke und vielen Wortgefechten mit einer Prise Sozialkritik
    - Eine Regency-Romanze (Andere Zeitalter nehme ich auch)
    - Geschichten mit Männern mit großer Oberweite! (Gerne auch der Uke~)

    Jaaa, wenn jemand konkrete Wünsche hat, bin ich natürlich auch gespannt!
    The content of the story places scars and trauma at the forefront, and as I worked on it, I could tell that it would make a lot of people
    uncomfortable. While playing, did you ever feel disgusted, or avert your eyes? No matter how you felt about the game, you were right to
    feel that way. No wrong answers here.
    Fuchii Kabura - Slow Damage Liner Notes

  4. #4
    Mitglied Avatar von Ayumi-sama
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    Zetsuai/Bronze, der seinen Fokus auf die männlichen Protagonisten hat und die homosexuelle Beziehung mehr als offensichtlich ist (Umstände usw mal außer Acht gelassen), lief damals (Ende 80er/Anfang 90er) auch im Margaret. Für damalige Verhältnisse und als Teenager in meinen Augen "schwere Kost", da ich es düster fand und psychologische Themen hatte. Aber ich war davon extrem fasziniert auch weil der Titel zu meinen ersten BL thematisierten Manga gehörte.


    Von Kieta Hatsukoi hab ich erstmalig gehört als ich von der Ankündigung zur Realserie gelesen habe. Sofern es da in Deutschland eine legale Möglichkeit gibt (Viki oder Chrunchyroll), schaue ich da mit Sicherheit rein.
    An dem Manga hätte ich auch Interesse. Zum einen die Story an sich aber auch weil homosexuelle Beziehung in einem Manga ohne den BL Stempel. Sprich ein Schritt Richtung Normalisierung von LGBTQ+ Charakteren ohne diese ins Lächerliche zu ziehen. Also sowas wie Yuri on Ice, das ein Sport Titel ist und später surprise surprise.


    Wenn ich Titel nennen würde, könnte ich nur auf altbekanntes zurückgreifen, das eh keine Chance hat und ich bin absolut nicht up-to-date was aktuelle Veröffentlichungen (in Japan) angeht.
    Geändert von Ayumi-sama (30.09.2021 um 10:21 Uhr)

  5. #5
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    Ashita wa Docchi da!

    Diesmal soll eine Reihe im Fokus stehen, die mir persönlich ganz besonders am Herzen liegt – nicht zuletzt, weil sie mir das Horror-Jahr 2020 versüßte. Als ich den Manga entdeckte, waren in Japan bereits fünf Bände erschienen, mittlerweile sind es acht. Status: fortlaufend.

    Die Rede ist von Kotetsuko Yamamotos leichtherziger Yankee-RomCom „Ashita wa Docchi da!“. Seit 2015 ist die Reihe im Magazin ihr HertZ des japanischen Publishers Taiyo Tosho zu Hause, welches z.B. auch Kou Yonedas Top-Hit „Twittering Birds Never Fly“ (hierzulande bei Manga Cult) beheimatet. Was keineswegs heißen soll, dass zwischen den Serien irgendeine Ähnlichkeit besteht. Genau genommen fehlt sogar jedwede Vergleichsebene: Wenn „Twittering Birds Never Fly“ ein düsteres, tiefschürfendes Drama mit kaputten Charakteren ist, dann ist „Ashita wa Docchi da!“ im Gegenzug der Sonnenstrahl, der ein bisschen Licht in die Finsternis bringt und dem Leser ein warmes Wohlgefühl und unbeschwerte Momente beschert.



    Hauptfigur Kirara Mayuzumi ist bereits mit neun Jahren das süßeste Geschöpf der Stadt. Von der Mutter betüdelt und in Rüschen gehüllt, von den Nachbarn bewundert und zur Siegerin des örtlichen Schönheitswettbewerbs gekürt, könnte Kiraras Leben so perfekt sein. Wäre da nicht ein winziger Haken: Kirara ist eigentlich ein Junge und entgegen der Wunschprojektionen seiner Erzeugerin hält er herzlich wenig davon, ein Mädchen zu sein oder wie eines behandelt zu werden. Stattdessen möchte er der wohl männlichste Mann werden, den die Stadt je gesehen hat, und nicht etwa für seinen androgynen Look bestaunt, sondern viel lieber wegen seiner umwerfenden Coolness und Stärke anerkannt und respektiert werden. Aber: Wie wird man maskulin und was macht Männlichkeit überhaupt aus?

    In einem Anflug von Anarchie zerschneidet der damals Neunjährige sein gesamtes Repertoire an femininen Klamotten und macht sich splitterfasernackt auf den Weg zur Grundschule. Blind vor Wut rennt er Familienvater Tosoyamada über den Haufen, der nach der Scheidung von seiner Ehefrau mit seinen Söhnen Kyouichi und Ken frisch nebenan eingezogen ist. In den beiden Jungs erkennt Kirara auf Anhieb all jene Eigenschaften wieder, die ihm selbst fehlen, die er jedoch immer verkörpern wollte. Fortan heftet er sich also an ihre Fersen und studiert eingehend das Verhalten der bald schon landläufig berüchtigten Rowdy-Brüder.

    Als Leser begleitet man Kirara auf seinem Werdegang vom mädchenhaften, etwas eingeschüchterten Goldstück zum wilden, schnell unterschätzten Powerzwerg (an der Körpergröße ändert sich trotz ausgiebiger Kalzium-Zufuhr nicht viel), der sich durch sein loses Mundwerk und Helfer-Syndrom regelmäßig in Schwierigkeiten manövriert. Mit Mut und Offenheit boxt er sich wortwörtlich durch die Schulzeit und verspürt zum ersten Mal in seinem Leben richtiges Herzklopfen, als aus der Bewunderung für eines seiner großen Idole plötzlich Liebe erwächst.



    Kotetsuko Yamamoto bringt ihre einzigartigen und liebenswürdigen Charaktere zu Papier wie kaum eine andere Künstlerin. Aus jedem Panel wird einem die volle Breitseite Sympathie entgegengeschleudert, sodass man irgendwann geschlagen am Boden liegt und sich nur noch irritiert fragen kann, wie es möglich ist, fiktive Charaktere so gernzuhaben. Ken Tosoyamada, der ungehobelte Rohling, der ganz eigene Gründe hat, seine Gefühle unter Verschluss zu halten, aber dennoch immer beschützend an Kiraras Seite ist, hat es mir persönlich besonders angetan. Der anfangs unnahbare Eindruck täuscht nur über ein sensibles und fürsorgendes Wesen hinweg.

    Die spürbare Wertschätzung der Autorin gegenüber ihren Charakteren macht aber nicht bei den Protagonisten Halt. Worin die Serie wirklich glänzt, ist ihr unerschöpfliches Aufgebot an irrwitzigen Nebenfiguren, die ihr gesamtes Umfeld in lustige und teilweise peinliche Situationen verstricken. Drei Beispiele: Tarou-san verkörpert als netter, ernsthafter Onkel von nebenan den Kummerkasten, der Kirara wertvolle Liebestipps gibt und angesichts der Frühreife der „Jugend von heute“ ein wenig vom Glauben abfällt. Kampfhahn King ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Gockel, der unter rigorosem Kralleneinsatz sein Revier um die örtliche Highschool bewacht und nur vor einem Menschen Respekt zeigt. Absolut hervorstechend sind auch die Auftritte von Schulhof-Delinquent Oomaeda, der sich in seiner einfach gestrickten, aber aufrichtigen Art so legendär danebenbenimmt, dass die Autorin ihm sogar eine eigene Nebenstory spendierte.

    Was macht die Serie sonst noch aus? „Ashita wa Docchi da!“ ist gewissermaßen eine Abkehr vom Bild des erwachsenen männlichen BL-Ukes, nach dem viele Fans jahrelang schrien. Es spielt bewusst mit der Femininität seines Protagonisten, strickt extra Handlungselemente darum und lässt Geschlechtergrenzen verschwimmen. Kiraras Körpergröße und Ausstrahlung gleichen eher einem Mädchen, sein Charme wirkt in erster Linie aufs männliche Geschlecht, selbst sein Name hat einen mädchenhaften Klang. Macht ihn das automatisch weniger männlich als die üblichen Vertreter seiner Art? An Oberflächlichkeiten lässt sich wenig rütteln und Kiraras Bestrebungen in der Hinsicht laufen oft ins Leere oder kehren sich sogar ins Gegenteil um. Vielleicht ist eine der Botschaften des Manga deshalb, sich nicht krampfhaft verändern zu wollen, sondern sich vielmehr selbst zu akzeptieren, wie man ist – auch wenn das bedeutet, sich auf die Fußspitzen stellen zu müssen, um seinen Schwarm küssen zu können.

    Geändert von Eraclea (17.10.2021 um 15:52 Uhr)


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  6. #6
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    Erstzmal vorweg:
    Der thread ist eine sehr schöne Idee.
    Auf dem deutschen Markt erscheinen zwar durch hayabusa endlich wieder mehr BL-Titel, aber es wird sich immer noch viel zu sehr auf One Shots konzentriert. Hab auch Hayabusa schon eine Liste mit längeren Serien geschickt, von denen einige sogar AAnimeadaptionen haben, und die trotzdem, aus unerfindlichen Gründen noch nicht hier erschienen sind.

    Zu Kieta Hatsukoi: Ore Monogatari fand ich super und würde auch gern mehr von Ayuko lesen, allerdings sind Werke bei denen es eine Dreiecksbeziehung mit 2 männlichen Charas und einem Mädel in der genannten Konstellation gibt gar nichts für mich. Ist der BL-Faktor nur Gimmick oder zeichnet sich tatsächlich ab, dass die Jungs das Endgame sind?
    Manga Cult ist meine Nr. 1

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  7. #7
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    Zitat Zitat von Yamina Beitrag anzeigen
    Zu Kieta Hatsukoi: Ore Monogatari fand ich super und würde auch gern mehr von Ayuko lesen, allerdings sind Werke bei denen es eine Dreiecksbeziehung mit 2 männlichen Charas und einem Mädel in der genannten Konstellation gibt gar nichts für mich. Ist der BL-Faktor nur Gimmick oder zeichnet sich tatsächlich ab, dass die Jungs das Endgame sind?
    Ich kann dich beruhigen. Wenn der BL-Faktor nur ein Gimmick wäre, hätte ich den Manga gar nicht in diesem Thread vorgestellt.

    Tatsächlich kommt es nie zu der Dreier-Konstellation, die man auf den ersten Blick vermuten würde. Aokis Gefühle für Hashimoto, das Mädchen in der Runde, verwandeln sich relativ schnell in bloße Freundschaft, als er erfährt, dass sie für einen anderen schwärmt. Gleichzeitig lernt Aoki den ernsthaften Ida immer besser kennen und verliebt sich schließlich. Anfangs glaubt er noch, dass er und Hashimoto nun Rivalen um Idas Gunst seien. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass es sich hierbei von Hashimotos Seite aus um ein Missverständnis handelt. Am Ende spornen sich die beiden unglücklich Verliebten sogar gegenseitig an und geben sich Liebestipps. Aoki und Ida werden also ohne Einflüsse und Störungen durch Dritte ein ganz offizielles Paar und wenn nichts mehr dazwischenkommt, wovon ich aktuell nicht ausgehe, bleiben sie das auch mit Sicherheit bis zum Schluss.



    Zitat Zitat von Alacrity Beitrag anzeigen
    Ich weiß nicht, ob es mir nur so vorkommt, aber während schwule Nebencharaktere in den 80ern und 90ern in Shoujo-Manga häufig vorkamen, war das in den 2000ern und frühen 2010ern weniger der Fall, wenn ich nicht falsch liege. Mit den bisexuellen Liebesdreiecken in Blue Flag und 10th kam das erst wieder, aber eine eigene Nebengeschichte in sich war auch dann weniger zu finden. Ich habe das Gefühl, dass die Expansion des Markts zu einer Heterogenisierung geführt hat - jede Geschichte in ihre Nische, aber die Genre-Cross-Over wurden seltener.
    Den Eindruck habe ich tatsächlich auch und wie du schon vermutest, dürfte das mit der allgemeinen Entwicklung des Manga-Marktes in Japan zusammenhängen. In den 80ern und 90ern gab es noch nicht diese Fülle an BL-Magazinen, wie wir sie heute kennen, und somit auch kaum Plattformen für Künstler/innen, die sich dem Genre verschrieben hatten. "Kaze to Ki no Uta" von Keiko Takemiya, das heute als erster BL-Manga überhaupt gilt, lief von 1976 bis 1984 ebenfalls in einem Shoujo-Magazin. Parallel dazu gab es zwar schon Bestrebungen, das Genre weiterzuentwickeln und ihm eine eigene Bühne zu geben, aber aufgrund der begrenzten Möglichkeiten mussten Romanzen zwischen Jungs wohl fast zwangsläufig erstmal unter Shoujo laufen, bis sie sich allmählich loslösten und zu einem eigenständigen Bereich mit derselben Zielgruppe wurden.

    Hier habe ich vor einer Weile mal einen interessanten Artikel entdeckt, der sich unter anderem mit historischen Aspekten zum Thema befasst.

    Zitat Zitat von Ayumi-sama Beitrag anzeigen
    An dem Manga hätte ich auch Interesse. Zum einen die Story an sich aber auch weil homosexuelle Beziehung in einem Manga ohne den BL Stempel. Sprich ein Schritt Richtung Normalisierung von LGBTQ+ Charakteren ohne diese ins Lächerliche zu ziehen.
    Shame on me, "Zetsuai" und "Bronze" habe ich tatsächlich unter den Tisch fallen lassen, obwohl die beiden Reihen meine erste Berührung mit dem Genre waren. Ich hatte einfach nicht mehr auf dem Schirm, dass sie in einem Shoujo-Magazin liefen. Insofern danke für die Erinnerung.

    Ansonsten bin ich ganz bei dir. Werke wie "Blue Flag" oder "10th" machen zwar schon wichtige Schritte in die richtige Richtung, jedoch fehlt ihnen noch das letzte Quäntchen Mut, um die Tore ganz aufzustoßen. "Kieta Hatsukoi" zieht dagegen voll durch und präsentiert homosexuelle Liebe als etwas genauso Selbstverständliches wie heterosexuelle. Ich hoffe sehr, dass die selbstgesetzten Grenzen des Shoujo-Bereichs dadurch ein wenig aufgebrochen werden und in Zukunft weitere Werke diesem Beispiel folgen.


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  8. #8
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    Zitat Zitat von Eraclea Beitrag anzeigen
    Ich kann dich beruhigen. Wenn der BL-Faktor nur ein Gimmick wäre, hätte ich den Manga gar nicht in diesem Thread vorgestellt.

    Tatsächlich kommt es nie zu der Dreier-Konstellation, die man auf den ersten Blick vermuten würde. Aokis Gefühle für Hashimoto, das Mädchen in der Runde, verwandeln sich relativ schnell in bloße Freundschaft, als er erfährt, dass sie für einen anderen schwärmt. Gleichzeitig lernt Aoki den ernsthaften Ida immer besser kennen und verliebt sich schließlich. Anfangs glaubt er noch, dass er und Hashimoto nun Rivalen um Idas Gunst seien. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass es sich hierbei von Hashimotos Seite aus um ein Missverständnis handelt. Am Ende spornen sich die beiden unglücklich Verliebten sogar gegenseitig an und geben sich Liebestipps. Aoki und Ida werden also ohne Einflüsse und Störungen durch Dritte ein ganz offizielles Paar und wenn nichts mehr dazwischenkommt, wovon ich aktuell nicht ausgehe, bleiben sie das auch mit Sicherheit bis zum Schluss.

    Das beruhigt mich wirklich!
    Ich bin mir ziemlich sicher, dass ein deutscher Verlag sich die Serie schnappen wird, aber wenn nicht würde ich sie mir irgendwann sogar auf englisch holen, so schmackhaft hast du mir den Titel gemacht
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  9. #9
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    Canis

    „Whenever there’s something big going on in my life, for some strange reason it always rains.”
    (Satoru Kutsuna in der englischen Ausgabe von “Canis: Dear Mr. Rain”)



    Die aktuell fünf Bände umfassende Manga-Reihe „Canis” von Zeichnerin ZAKK steckt voller denkwürdiger Zitate und unvergesslicher Momente, die im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut kriechen und sich unweigerlich ins Gedächtnis brennen. Ohne Zweifel gehört „Canis“ zum Besten, was das BL-Genre jemals hervorbrachte. In Sachen Tiefe bewegt es sich locker auf einem Level mit „Twittering Birds Never Fly“, welches ich bis vor kurzem als meine persönliche Nummer Eins im Bereich Shounen-Ai und Yaoi bezeichnet hätte. Für „Canis“ muss Kou Yonedas Meisterstück auf dem Sieger-Podest aber ein wenig zur Seite rücken und Platz zum Teilen freimachen. Band 1 mit dem treffenden Untertitel „Dear Mr. Rain“ fungiert dabei als eine Art Einleitung und stellt lediglich die Weichen für alle Gänsehaut-Momente, die da kommen mögen.

    Die Serie startete 2012 im Magazin Opera des Verlagshauses Akaneshinsha und wechselte später zu Takeshobos Reijin, wo auch storybasierte Titel wie „10 Dance“ (hierzulande bei Carlsen, leider abgebrochen) laufen. In Amerika erschien der erste Band der Reihe im September 2020 bei Kuma Publishing, einem Imprint von Fakku Books, der sich expliziten bzw. pornografischen LGBTQ-Inhalten widmet. Dort ist „Canis“ im positivsten Sinne das schwarze Schaf unter einer Horde notgeiler weißer Böcke. Oder anders ausgedrückt: Es passt so gut zu den Hentai-Publikationen von Fakku wie naturtrüber Apfelsaft in den Tank eines Porsche. Trotzdem bin ich dem Label unendlich dankbar für die schicke Print-Veröffentlichung, die sich qualitativ absolut sehen lassen kann und neben schneeweißem Luxus-Papier mit einer gelungenen Übersetzung glänzt.

    Was den deutschen Markt angeht, halte ich „Canis“ für eine geradezu prädestinierte Manga-Cult-Lizenz, da der Titel das Außergewöhnliche und Genre-Untypische verkörpert wie kaum ein anderer. Dass hier gegen den Strom geschwommen wird, spiegelt schon das Artwork wider, das eine seltsame Mischung aus verschiedensten Stilrichtungen zu sein scheint. Es vermittelt subtile Oldschool-Vibes und zeigt Einflüsse aus westlichen Comic-Stilen auf. Dann wiederum geht es fast in die künstlerische Richtung einer Asumiko Nakamura, bleibt dabei aber gleichzeitig massentauglicher.



    Die Geschichte einmal grob umrissen:
    Hutmacher Satoru Kutsuna stolpert eines Nachts über den hungrig am Straßenrand zusammengebrochenen und ramponiert aussehenden Ryou Kashiba und bietet dem Heimatlosen spontan Obdach. Für sein Geschäft kommt der junge Mann wie gerufen, doch was genau meint Ryou mit seiner Aussage, er sei nach Japan gekommen, um zu sterben? Während Satoru mit seinen inneren Dämonen kämpft und eine wahre Schaffenskrise durchlebt, läuft Ryou zunehmend Gefahr, von seiner finsteren Vergangenheit eingeholt zu werden.

    Mehr als das kann ich gar nicht zum Inhalt schreiben, ohne zu viel zu verraten. Nur eines noch: Der dritte Band der Reihe, namentlich „Dear Hatter #2“, bringt die Story um Satoru und Ryou zu einem zufriedenstellenden vorläufigen Abschluss, schreit aber zugleich nach Fortsetzung. Ich hoffe stark, dass ZAKK den Handlungsfaden irgendwann erneut aufgreift, auch wenn das in Band 4 startende Spin-off mit dem Untertitel „The Speaker“ nicht minder spannend ist und sogar dezente „The Promised Neverland“-Anleihen aufweist.



    „The Speaker“ kann theoretisch unabhängig von den vorherigen drei Bänden gelesen werden. Im ersten Augenblick wirkt es wie eine vollkommen neue und eigenständige Geschichte, die nur deshalb dem „Canis“-Universum angehört, weil es Charakterüberschneidungen zu Satorus und Ryous Storyline gibt. Der Mehrwert, den diese Erzählung über die Nebenfiguren der Haupthandlung bringt, ist nicht sofort erkennbar – und genau deswegen ein echter Geniestreich der Autorin. Die wahre Brillanz der Serie eröffnet sich nämlich erst so richtig, wenn man zu einem späteren Zeitpunkt nochmal zu den Geschehnissen des Anfangs zurückkehrt, die Puzzleteile zusammensetzt und allmählich alle Verstrickungen begreift. Was zuvor schon die Schulnote „sehr gut“ verdient hatte, verwandelt sich nach Zufügen immer neuer Hintergrund-Informationen plötzlich in ein überragendes Meisterwerk.

    In „Canis: The Speaker“ geht es um die Kindheitsfreunde Samuel, Harold und Tadanobu, die von klein auf gemeinsam in einem New Yorker Waisenhaus aufwuchsen und eines Tages einem Geheimnis auf die Spur kommen, welches sie mehr kosten könnte als die Adoption in eine nette Ziehfamilie. Bei diesem Spin-off muss man bereit sein, sich kopfüber in die Abgründe der menschlichen Seele zu stürzen. Es ist düster, beklemmend, dreht den Magen um und treibt die Tränen in die Augen. Dagegen ist der Grundton in „Dear Mr. Rain“ und „Dear Hatter“ deutlich optimistischer und lebensbejahender. Am Ende jedoch fügt sich alles zu einem beeindruckenden und faszinierenden Gesamtkunstwerk zusammen.

    Kurzum ist „Canis“ eine Serie, welche der Qualität der BL-Veröffentlichungen auf dem deutschen Markt nochmal einen ordentlichen Schub geben und selbst Genre-Skeptiker überzeugen könnte. Unbedingt lesen!
    Geändert von Eraclea (09.10.2021 um 09:58 Uhr)


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  10. #10
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    After Work

    Heute habe ich eine kleine, ganz unscheinbare Perle im Gepäck, die aktuell noch unter dem Radar der meisten BL-Fans und Verlage fliegen dürfte. Es handelt sich um das Erstlingswerk einer japanischen Künstlerin mit den Online-Pseudonymen Mexico oder Ziwataneho – fleißigen Internet-Surfern eventuell ein Begriff durch Plattformen wie Pixiv oder Twitter, wo sie bis heute regelmäßig originale Zeichnungen und Illustrationen mit der Welt teilt.



    Ihren Debüt-Manga „After Work“ veröffentlicht Mexico (Ziwataneho) seit 2019 in Zusammenarbeit mit Pixiv Factory im Self-Publishing. Bislang sind drei Kapitel als PDF-Datei über den Indie-Marketplace Booth käuflich erwerbbar.

    Als freie Publikation demonstriert „After Work“ deutlich, welch wunderbare und erfrischende Machwerke entstehen können, wenn Zeichner/innen keinem straffen Terminplan ausgesetzt sind und nicht den permanenten Druck von Deadlines verspüren. Den entspannten, ungehetzten Veröffentlichungsrhythmus spiegelt der Manga nämlich auch im Innenleben sowie im gesamten Handlungsverlauf wider. Er präsentiert eine Slow-Burn-Romanze allererster Güte, wie ich sie bisher höchstens bei den Slice-of-Life-Legenden Yuki Fumino, Kanna Kii oder Rihito Takarai in ihrer Anfangszeit gesehen habe.

    Zur Story: Weil Yoshihito Naoe am laufenden Band Überstunden ackert und sich in seinem Bürojob an die Grenze der Zumutbarkeit schuftet, läuft ihm eines Tages die vernachlässigte Langzeit-Freundin davon, nur um sechs Monate später einen angesagten Musiker zu heiraten. Ablenkung und Zerstreuung findet Naoe in den niedlichen tierischen Fellknäueln auf Social-Media-Kanälen, die zugleich sein einziges Hilfsmittel gegen Frust und Alltagsstress sind. Vor allem Internet-Kater Goma wirkt wahre Wunder für sein Seelenheil. In Gomas Besitzer und Hobbyfotograf Yori Uesugi keimt indes durch kleine, unabsichtliche Hinweise in Naoes schwärmerischen Antwort-Posts der Verdacht auf, dass der Bewunderer seines geliebten Haustiers näher lebt als vermutet. Als Naoe Yori dann auch noch vor einer verrückten Stalkerin rettet und Yori sich nach einem feuchtfröhlichen Kneipenabend angemessen revanchiert, wird die Vermutung schließlich zur Gewissheit und zwischen den ungleichen Nachbarn entwickelt sich eine innige Freundschaft.



    Die Autorin erschafft mit Naoe und Yori lebensechte Charaktere, die innerhalb von zwei, drei Kapiteln bereits mehr Substanz offenbaren als viele Figuren in zehn Bänden und mit jeder weiteren Szene neue Wesenszüge preisgeben. Durch Naoes Universitäts-Senpai und Arbeitskollegen Hatano kommt noch eine sympathische dritte Partei ins Spiel, welche zunächst den Anschein von Konfliktpotential erweckt, tatsächlich aber die Beziehung der Protagonisten entscheidend voranbringt, ohne im üblichen Liebesdreieck zu versacken.

    Generell fühlen sich alle Wege, die der Manga beschreitet, richtig und natürlich an und als würden sie tatsächlich von realen Menschen begangen werden. Atmosphärisch lässt sich „After Work“ vielleicht am ehesten mit „I Hear the Sunspot“ (hierzulande bei Carlsen) oder Tohru Taguras „Koimonogatari“ (Tokyopop) vergleichen. Die allgemein positive und leichtherzige Stimmung wird ab und an durchbrochen von melancholischen oder tiefsinnigen Momenten, die den Leser kurz zum Innehalten zwingen. Mit ihrem klaren und detaillierten Pinselstrich fängt die Autorin alle Emotionen und Alltagssituationen super ein und zaubert daraus schlussendlich einen absoluten Feel-Good-Manga. Mein Instinkt sagt mir, dass Liebhaber sanfter BL-Geschichten Mexico (Ziwataneho) zukünftig auf jeden Fall im Auge behalten sollten.



    Zum aktuellen Zeitpunkt dürfte das Indie-Projekt wohl schwer lizenzierbar sein. Aber ich hoffe stark, dass ich nicht die einzige bin, die großes Potential darin sieht, und dass Künstlerin und Werk bald die Aufmerksamkeit japanischer Verlage erregen, damit „After Work“ irgendwann ein wohlverdientes offizielles Release erhält.


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    war vor ca 3 Jahren ein extremer Hype unter den BL Facebook community gewesen, wodurch ich auf dem Mangaka aufmerksam geworden bin.
    ich find ihr Zeichenstil mega und hoffe, dass irgendwann ein Manga bei uns erscheint.
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  12. #12
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    Barbarities

    Ich bin frisch zurück aus dem Heimaturlaub bei meiner Familie und entschädige für die längere Schreibpause hoffentlich mit der neuen Manga-Vorstellung, die ich im Gepäck habe. Den heutigen Beitrag widme ich einem sehr speziellen BL-Titel, der ziemlich abseits der Norm wandelt und zu dem es in Deutschland wenig Vergleichbares geben dürfte. Besagtes Werk läuft seit 2014 unter dem eindrücklichen Namen „Barbarities“ (zu Deutsch „Unmenschlichkeiten“) im „Magazine Be x Boy“ bei Libre Shuppan. Aktueller Stand: drei Bände, wird fortgeführt.



    Die zugehörige Autorin und Zeichnerin, Tsuta Suzuki, ist in ihrem Heimatland Japan längst kein unbeschriebenes Blatt mehr und bereits viele Jahre im Manga-Geschäft aktiv. Beginnend mit dem Jahr 2005 veröffentlichte sie eine ganze Reihe von Shounen-Ai- und Yaoi-Titeln für verschiedenste Verlagshäuser, darunter auch ihren Debüt-Manga „Konoyo Ibun“, der BL-Interessierten durch das englischsprachige Release ein Begriff sein könnte. BL-Publisher SuBLime brachte alle sieben Bände des im Englischen als „A Strange and Mystifying Story“ betitelten Werkes zwischen 2017 und 2019 heraus. Im Gegensatz dazu konnte sich bisher kein deutscher Verlag erweichen, ihren Serien oder Einzelbänden den Markteintritt hierzulande zu ermöglichen.

    Zum Inhalt:
    Als der Justizbeamte Montague einen Drohbrief erhält, wird der Viscount des benachbarten Landes als persönlicher Leibwächter abgeordnet, um den Schutz des prominenten Staatsmannes zu gewährleisten. Ebendieser Viscount Adam Canning führt das Leben eines hoffnungslosen Playboys und zeigt sich beim Aussuchen seiner Bettgeschichten alles andere als wählerisch. Ausgerechnet am Neffen seines neuen Arbeitgebers beißt er sich jedoch gewaltig die Zähne aus, denn der ernsthafte Joel Letreux hegt keinerlei Interesse an Liebesbeziehungen, geschweige denn daran, einer unter vielen zu sein. Stattdessen geht er gewissenhaft seinen beruflichen Pflichten nach und darf aufgrund vergangener Glanzleistungen sogar dem Kinderkönig des Landes als Berater dienen.

    Die Geschichte ist in einer zwar historisch anmutenden, aber tatsächlich fiktiven Welt angesiedelt, die bereits auf den ersten Blick Anleihen an das barocke Europa erkennen lässt. Der Kleidungsstil der Figuren sowie die Vorliebe mancher für langlockige Allonge-Perücken deuten vor allem auf das Frankreich oder England des 17. bis 18. Jahrhunderts hin.

    Joel sieht rein optisch etwa so aus, wie ich mir den jungen William Shakespeare immer vorgestellt habe, und Adam passt mit seinem leidenschaftlichen und schwärmerischen Werben um dessen Gunst ebenfalls perfekt in die widergespiegelte Epoche. Einen übertrieben von sich selbst überzeugten Schönling wie ihn, der keine Absagen gewohnt ist und üblicherweise seinen Willen durchsetzt, wieder und wieder scheitern zu sehen, erfüllt sadistischerweise mit einer gewissen Genugtuung. Gleichzeitig ist aber auch nett zu beobachten, wie Adam mit ungebrochenem Optimismus und Beharrlichkeit langsam Joels Rationalität und Geradlinigkeit aufweicht.



    Wie es sich für eine Serie im adligen Metier gehört, gibt es zahlreiche Verstrickungen persönlicher und gesellschaftlicher Natur. So steht Joel durch seine Tutor-Tätigkeit in vertrauensvoller Beziehung zum Königshof von Lorraine und verteidigt die Kirche des Landes gegen aufständische Häretiker. Die Königinmutter des gerade erst zehnjährigen Thronerben Christopher ist eine entfernte Verwandte Adams und Schwägerin von Simon, der in Verdacht steht, mit staatsfeindlichen Kräften zu paktieren. Auch Louis Fredaux, der Prinz des rivalisierenden Nachbarlandes Tance, verfolgt gemeinsam mit seinem Gefolgsmann Gil unklare Absichten. Louis' kleiner Bruder Luka wiederum ist der beste Freund und Spielgefährte von König Chris.

    Tsuta Suzuki gibt sich neben all den verzwickten Charakter-Konstellationen zudem redlich Mühe, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den beteiligten Nationen zu verdeutlichen. Adams Heimatland Xehana steht beispielsweise repräsentativ für freie Liebe und erlaubt sogar die Ehe unter Männern, während das religiös geprägte Lorraine als kleiner unabhängiger Staat zwischen den Großmächten Tance und Xehana etwas konservativer eingestellt ist. Zweifellos stecken einige kluge Gedanken in „Barbarities“ und dennoch könnten die politischen Ränkespiele aus meiner Sicht noch besser ausgearbeitet werden. Gerade zu Beginn der Geschichte fungieren sie eher als Beiwerk zur sich anbahnenden Beziehung zwischen Adam und Joel. Gegen Ende von Band 2 nimmt das Ganze aber merklich an Fahrt auf. Jetzt fehlen nur noch spürbare Fortschritte zwischen den Protagonisten, die aktuell ein wenig auf der Stelle treten und so mancher Nebenfigur die Bühne überlassen.



    Trotz der mitunter ernsten Themen, die in der Story verarbeitet werden, hat „Barbarities“ übrigens einen eher komödiantischen Unterton, der hauptsächlich durch das Gegenspiel von Adam und Joel zustandekommt. Ersterer liefert mit seiner flirtiven, offenherzigen Art die Punchlines, die anschließend durch Joels trockene Reaktionen konterkariert werden. Der teilweise unerwartete Humor ist sicherlich einer der Gründe, die Suzukis aktuellsten BL-Streich für mich zu einem amüsanten Lesevergnügen machen.


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  13. #13
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    Tashiro-kun, Kimi tte Yatsu wa.

    Weiter geht's mit einem Manga, bei dem kein Auge trocken bleiben und herzhaftes Lachen vorprogrammiert sein dürfte. „Tashiro-kun, Kimi tte Yatsu wa.“ gehört wahrscheinlich zu den lustigsten BL-Reihen, die ich zuletzt in den Untiefen des Internets ausgegraben und innerhalb kürzester Zeit mit einem Happs verschlungen habe. Die ursprünglich als Webmanga veröffentlichte Spaßgranate von Zeichnerin Yamada erscheint seit 2017 in der japanischen „b-Boy P!“ bei Libre und umfasst derzeit zwei Volumes voller aberwitziger Situationen und echter Charakter-Originale.



    Das morgendliche Fernseh-Horoskop kündigt Student Yuta Ebihara eines Tages die schicksalhafte Begegnung mit einem besonderen Menschen an und tatsächlich wird er nur wenig später auf dem Campus von einem fies aussehenden Rüpel gegen einen Zaun gedrängt und genötigt, sein Portemonnaie auszuhändigen. Fuck off, Astrologie! Wie sich herausstellt, handelt es sich bei dem vermeintlichen Angreifer aber gar nicht um einen räuberischen Geld-Erpresser, sondern um den eigentlich harmlosen Namensgeber der Geschichte, den häufig missverstandenen Keima Tashiro, dessen finsterer Blick nur in Momenten höchster Unsicherheit auf seinem Gesicht erscheint und der in Wahrheit so schüchtern und unbeholfen ist, dass er sich unfassbar schwertut, mit seinen Mitmenschen ins Gespräch zu kommen. Doch gerade als Ebihara anfängt, seinen verkorksten Ersteindruck von Tashiro-kun zu revidieren, gesteht dieser dem schockierten Ebihara plötzlich stotternd und errötend seine Liebe.

    „Tashiro-kun, Kimi tte Yatsu wa.“ fällt voll unter die berühmte Anime- und Manga-Trope, von der schon Comedy-Größen wie „Toradora!“ Gebrauch machten - nämlich die des einsamen und gemiedenen Typen mit Grusel-Visage und einem versteckten Herzen aus Gold. Anders als der Killerblick vermuten lässt, würde Tashiro keiner Fliege etwas zu Leide tun. Ganz im Gegenteil ist er vermutlich das liebenswürdigste Wesen, das die Welt je gesehen hat und absolut herzerwärmend in seiner unschuldigen und zugleich entschlossenen Art, sich um seinen kratzbürstigen Senpai zu bemühen. Er kann beharrlicher sein, als man ihm zunächst zutrauen würde und nimmt dem stets frei von der Leber weg redenden und mitunter knallharten Ebihara mit seinen naiven, aber pfiffigen Avancen ganz schön den Wind aus den Segeln.



    Tashiro ist darüber hinaus ein frischgebackenes Mitglied des Manga Research Clubs an der örtlichen Universität, welcher sich dem Zeichnen hocherotischer Doujinshi verschrieben hat und regelmäßig Messe-Auftritte mitsamt Cosplay-Verstärkung organisiert. Insofern ist „Tashiro-kun, Kimi tte Yatsu wa.“ nicht nur Romanze und Comedy, sondern auch ein wenig Lobgesang auf Otakus und die japanische Fankultur.

    Wenn Tashiro gerade keine Nippel rastert, beschäftigt er sich am liebsten mit seinem aktuellen Anime-Favoriten, der leicht als Gundam-Parodie zu entlarvenden TV-Serie „Middle Aged Suit Ojindam“, oder Rhythmusspielen. Über gemeinsame nerdige Interessen und das geschickte Ausspielen dieser Karte versucht er, sich einen Weg in Ebiharas Fokus zu bahnen – und scheint damit sogar Erfolg zu haben.



    Die Nebenfiguren der Serie sind äußerst individuell gezeichnet. Im Grunde wirken sie ein bisschen wie wandelnde Picasso-Gemälde oder als wären sie direkt dem Universum von „Mob Psycho 100“ entsprungen. Dass die Mangaka für die Club-Mitglieder Maru (zu Deutsch „Kreis“), Shikaku („Viereck“) und Teamleader Bannai reduzierte Formen verwendet, sagt aber nichts über den allgemeinen Zeichenstil aus. Dieser sieht nämlich sehr solide aus und verändert sich im Laufe der Reihe immer weiter zum Positiven.

    Der kugelrunde Maru mit seinen Top-Notch-Schneider-Skills hat jedoch nicht nur optisch, sondern auch charakterlich mein Herz gestohlen. Einfach ein knuffiges Kerlchen! Überhaupt gehen Protagonisten wie auch Nebendarsteller komplett in ihren Rollen auf und bleiben sich durchgängig selbst treu, sogar dann, wenn Authentizität schon an Dummheit grenzt. Sega beispielsweise, von den Club-Mitgliedern liebevoll nur Handsome-kun genannt, ist auf eine ganz andere Art und Weise emotional zurückgeblieben als Tashiro-kun: Er haut gedankenlos verletzende Sprüche raus und trampelt auf den Gefühlen der Leute herum, ohne sich über die Konsequenzen seines Handelns im Klaren zu sein. So gesehen kann er ein richtiger Klotz sein, aber dann wiederum ein echter Ehrenmann, der Freunden beim Kotzen wortwörtlich die Haare zurückhält.

    Insgesamt schätze ich den Unterhaltungswert und das Erfolgspotential von „Tashiro-kun, Kimi tte Yatsu wa.“ extrem hoch ein. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es hierzu irgendwann einen Anime geben wird. Wenn unsere deutschen Verlage zu einem ähnlichen Schluss kommen, würde ich dem Werk von den bisherigen Vorstellungen in diesem Thread ganz optimistisch die besten Lizenzierungschancen ausrechnen.
    Geändert von Eraclea (06.11.2021 um 14:13 Uhr)


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    Tourou no Ori

    Passend zum tristen Wetter und der getrübten Laune an diesem schnöden Sonntag möchte ich diesmal einen echten Stimmungskiller vorstellen. Wer zart besaitet ist und seine Nieren schützen möchte, sollte um diese Serie einen riesengroßen Bogen machen. Denn „Tourou no Ori“ – im Englischen „Mantis Cage“ – ist wahrhaft harter Tobak, den japanische Leser mittlerweile vier Bände hindurch verkraften und verarbeiten mussten. Das schwer zu verdauende Machwerk aus der Feder von BL-Mangaka Psyche Delico beehrt seit 2014 das Magazin „onBLUE“ des Shodensha-Verlages.



    Die Geschichte von „Tourou no Ori“ spielt gegen Ende der Showa-Ära, welche in der Historie Japans zwischen 1926 und 1989 anzusiedeln ist. Diese Epoche unter der Herrschaft von Kaiser Hirohito umfasst tragische Großereignisse wie die Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg oder die Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki. Gleichzeitig steht sie aber auch für Umdenken, Fortschritt und eine Umstrukturierung der Gesellschaft hin zur friedlichen, demokratischen Ordnung sowie für den enormen wirtschaftlichen Aufschwung des Landes, der Japan seinerzeit eine weltweite Vormachtstellung sicherte.

    In diese Ära fügt sich Ikurou Touma als Nachkomme einer generationenübergreifenden Unternehmer-Familie perfekt ein. Das Testament seines kürzlich verstorbenen Vaters sieht jedoch nicht Ikurou selbst, sondern seinen geistig behinderten älteren Bruder Ranzou als Alleinerbe des gesamten Vermögens vor. Ungeachtet dieser Tatsache bricht Ikurou sein Studium ab und übernimmt mit gerade einmal 22 Jahren die Leitung des väterlichen Erfolgsunternehmens, auf dessen Vorsitz zahlreiche Sprösslinge aus Nebenzweigen der Familie geldgierig lauern.

    Die weitere Story ist aus einem Stoff gewoben, aus dem sonst eher japanische Horrorfilme sind. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht eine kaputte Familie, bestehend aus noch kaputteren Individuen, deren ganzes Ausmaß an Verwirrung und psychischer Instabilität erst nach und nach offenbar wird. Ikurous Vater, der Hausherr der Touma-Residenz, lässt sich niemals vor seinen Angehörigen oder Angestellten blicken, sondern schließt sich aus unerfindlichen Gründen in seinen Räumlichkeiten ein, um dort einem unbekannten Zeitvertreib nachzugehen. Die Mutter weiß mehr darüber, als ihr guttut, und verliert angesichts der Ungeheuerlichkeiten, die im Hause vor sich gehen, zunehmend den Verstand. Der ältere Bruder Ranzou wiederum, zeit seiner Kindheit gehandicapt und vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen, musste innerhalb seines Gefängnisses Dinge sehen und erleben, die sicherlich fest in seiner Seele verankert sind, die er mangels Sprachvermögen jedoch nicht kommunizieren kann.



    Man sollte an diesen Manga nicht mit der Erwartungshaltung herangehen, die Charaktere liebenswert oder sympathisch zu finden. Auf den ersten Blick sind nahezu alle Agierenden mehr oder weniger Scheusale und ganz bewusst so konzipiert, dass ihre Verhaltensweisen, Handlungen und Entscheidungen sauer aufstoßen. Jede Figur für sich scheint in ihrem Kopf einen Scherbenhaufen aus unverarbeiteten Erlebnissen und unschönen Erinnerungen zu besitzen. Anstatt die seelischen Wunden gegenseitig zu flicken, stürzen sie sich jedoch untereinander in Beziehungen, die alles andere als heilsam wirken. Ironischerweise kristallisiert sich dabei derjenige als Normalster heraus, der durch seine geistige Behinderung den vermeintlich größten Knacks haben sollte, aber im Grunde nur ein unschuldiges Kind im Körper eines erwachsenen Mannes ist.

    Ebenso zu den Guten gesellt sich Ikurous Ehefrau Sachiko. Dass meine Lieblingsfigur in einem BL-Manga mal eine Frau sein würde, hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Aber Sachiko ist wahrscheinlich die beeindruckendste Person in „Tourou no Ori“ – eine wirklich toughe und starke Frau, der die Geschehnisse im Hause Touma alsbald merkwürdig vorkommen und die daraufhin auf eigene Faust nachzuforschen und zu intervenieren beginnt. Nicht einmal der hochmanipulative Strippenzieher und meines Erachtens krasseste Psychopath der Geschichte, den ich aus Spoiler-Gründen nicht namentlich benennen möchte, schafft es, ihren Willen zu brechen.

    Ich muss zugeben: Die Serie hinterlässt einen gerade in der Anfangszeit oft mit großen Fragezeichen auf der Stirn. Das liegt an der mitunter bruchstückhaften Erzählweise, die manchmal von einer Zeit, von einem Schauplatz oder auch von einem Charakter zum nächsten springt, ohne zwischendurch Erklärungen zu liefern. Um dem Geschehen nahtlos folgen zu können, sind etwas Eigeninitiative und Puzzlearbeit des Lesers verlangt, der alle verstreuten Informationen selbstständig zu einem Gesamtbild zusammensetzen darf, aber selbst dann wahrscheinlich nicht hundertprozentig schlau aus dem Ergebnis wird. Persönlich kann ich auch nach vier Bänden beispielsweise in keiner Weise das Handeln von Ikurous Butler Norihiko nachvollziehen, der stets behauptet, das Wohl seines Herrn im Sinn zu haben, ihm aus meiner Sicht jedoch keinerlei Vorteile verschafft.



    „Tourou no Ori“ ist ganz sicher keine Reihe, die man wegen bewegender Liebesgeschichten liest. Herzerwärmende Romanzen stehen nicht auf der Tagesordnung. Stattdessen präsentiert die Autorin toxische Beziehungen und die einzigen Emotionen, die sie einen empfinden lässt, sind höchstwahrscheinlich Abscheu, Hass und Mitleid. Dennoch oder vielleicht gerade, weil es sich bei "Tourou no Ori" um einen Yaoi-Titel handelt, der gänzlich andere Wege einschlägt, sehe ich eine absolute Daseinsberechtigung für das Werk in der hiesigen Manga-Landschaft. Wer sich auf den Höllenritt einlässt, bekommt definitiv Bilder zu sehen, die er nie wieder vergisst.


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  15. #15
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    Spontaner Einwurf:

    Die Realserie zu Kieta Hatsukoi wird demnächst auf VIKI verfügbar sein. Es ist aber noch unklar wann genau und ob hinter der Abo Paywall oder free2watch.
    VIKI: https://www.viki.com/tv/38218c-my-love-mix-up

    Und nebenbei erwähnt: Die Realserie Utsukushii Kare bzw My Beautiful Man (basierend auf der gleichnamigen Novel) bekommt eine weltweite Veröffentlichung auf der LGBTQ+ Plattform GagaOOLala. Hier ist das Minimum eine Registrierung, vermutlich ist aber ein Abo notwendig.

  16. #16
    Moderator Mangaforen Avatar von Alacrity
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    Barbarities wurde hier, glaube ich, mal gewünscht und ich hatte es unterstützt - würde ich immer noch, alleine wegen des Zeigenstils, aber natürlich auch wegen der Geschichte. Tourou no Ori hört sich auch sehr interessant an...

    ---

    Meine Runde Wünsche habe ich endlich mal wieder bei Carlsen hinbekommen - sind auch schon wieder neue Titel dazugekommen, aber das kommt alles gesammelt dort und nicht hier.
    Mir ist aber auch eingefallen, was ganz interessant sein könnte, nämlich die Vorstellung einiger Magazine, die ich ganz gerne verfolge.

    Drei Magazine haben teilweise ziemlich tiefgründige Reihen bzw. solche mit sehr speziellen Thematiken. Die sind den meisten hier wahrscheinlich auch schon bekannt, aber vielleicht entdeckt man ja doch noch was Neues bei näherer Betrachtung.
    1. Die onBlue, die übrigens einen Ableger bekommen hat in Form der fromRed. (Blauer Twitteraccount, Roter Twitteraccount)
    2. Canna, die speziellste Publikation, die ich kenne und bei der ich mir alleine vom Cover her oft denke: Interessant, dass es solche Manga in den Mainstream schaffen (Twitter)
    3. Die Rutile, die ziemlich viele Manga mit Fantasy- oder Historik-Nebengenres aufweist und Werke mit viel Textanteil (Twitter)

    Dann will ich auch noch ein paar Magazine vorstellen, bei denen es ordentlich zu Sache geht, die aber weniger bekannt sind. Wenn sich jemand denkt "Die BLs hier in Deutschland gehen ja schon ordentlich ran", sollte man diese Magazine anschauen, um eine andere Perspektive zu erhalten - nämlich wie hart das wirklich werden kann.
    Ich verlinke beim ersten Punkt die Website, statt der Twitteraccounts, weil's zwei Magazine von einem Verlag sind, aber auch bei allen Twitteraccounts gibt's Links zu den Websites, die auch Übersichten zu den Titeln bieten.
    1. Reijin Uno und Qpa - noch die normalsten - von Qpa haben wir auch einige Lizenzen, aber von Reijin Uno nicht, soweit ich weiß (Website)
    2. Boysfan - hat auch Manga in Vollfarbe publiziert, was ich ganz interessant fand (Twitter)
    3. Adam - der extremste - ich empfehle einen Blick auf die Cover auf der Website~ (Twitter)

    Viel Spaß~.
    The content of the story places scars and trauma at the forefront, and as I worked on it, I could tell that it would make a lot of people
    uncomfortable. While playing, did you ever feel disgusted, or avert your eyes? No matter how you felt about the game, you were right to
    feel that way. No wrong answers here.
    Fuchii Kabura - Slow Damage Liner Notes

  17. #17
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    Zitat Zitat von Ayumi-sama Beitrag anzeigen
    Die Realserie zu Kieta Hatsukoi wird demnächst auf VIKI verfügbar sein. Es ist aber noch unklar wann genau und ob hinter der Abo Paywall oder free2watch.
    VIKI: https://www.viki.com/tv/38218c-my-love-mix-up
    Danke für den Hinweis, free2watch wäre natürlich schön.

    Ich muss aber gestehen, dass meine Neugier längst über mich gesiegt hat und ich das Internet bereits nach der Live Action zu "Kieta Hatsukoi" durchforstet habe. Was ich bisher zu Gesicht bekam, wird der Vorlage durchaus gerecht. Wie schon bei "Cherry Magic!" musste ich erst ein wenig mit den Schauspielern warmwerden und mich an das dezent übers Ziel hinausschießende Acting gewöhnen, das eigentlich eher zu einem Anime passen würde als zu einer Realserie. Wenn man sich darauf einlässt, kommt man allerdings in den Genuss einer etwas stupiden, aber zuckersüßen Adaption, die sich sogar relativ nah am Original bewegt.

    Der erste englische Manga-Band durfte mittlerweile auch bei mir einziehen und kommt in der VIZ-typischen Qualität daher, die zwar nicht mit deutschen Veröffentlichungen mithalten kann, mir jedoch fürs Erste genügt. Gelesen habe ich den Band noch nicht, also kann ich zur Übersetzung bis dato wenig sagen.

    Zitat Zitat von Alacrity Beitrag anzeigen
    Mir ist aber auch eingefallen, was ganz interessant sein könnte, nämlich die Vorstellung einiger Magazine, die ich ganz gerne verfolge.
    An sich eine superschöne Idee, aber persönlich habe ich leider wenig Ahnung davon. Mir stechen immer eher einzelne Serien ins Auge, bei denen ich erst durch das Recherchieren der Trivia erfahre, in welchem Magazin sie erscheinen. Es könnte also durchaus sein, dass ich irgendwann etwas aus deinen liebsten Heften vorstelle, aber das wäre dann wie bei "Tourou no Ori" (onBLUE) nach dem Prinzip Zufall.

    Danke dir trotzdem für deine interessanten Empfehlungen. Wenn ich irgendwann keine Ideen mehr auf Halde habe, sondern gezielt nach neuen Werken suchen muss, werde ich sicherlich darauf zurückkommen. Aktuell ist meine geheime Liste aber tatsächlich noch seeehr lang und wird mich einige Zeit beschäftigt halten. Die nächste Preview steht auch bereits in den Startlöchern und kommt wahrscheinlich in den nächsten Tagen. Diesmal wird es fantastisch, so viel kann ich schon mal verraten.


    Ein kurzes Update zu "Canis":
    Die englische Fassung von "Canis: Dear Mr. Hatter" ist inzwischen offiziell vorbestellbar, z.B. bei Thalia. Band 1 soll im Juni 2022 erscheinen, Band 2 im Oktober desselben Jahres. Ich freu mich wie ein Schnitzel, vor allem da lange Zeit nicht klar ersichtlich war, ob Kuma Publishing überhaupt die Absicht hat, die Reihe fortzusetzen.
    Geändert von Eraclea (20.11.2021 um 10:30 Uhr)


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  18. #18
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    Yoake no Uta

    Wie versprochen, geht es zeitnah weiter. Diesmal habe ich wieder ein echtes Herzensprojekt in petto – einen wunderschönen, tiefgehenden Fantasy-Shounen-Ai nämlich, in den ich mich erst vor kurzem regelrecht schockverliebt habe. Besagter Manga stammt aus der Feder der talentierten Newcomer-Autorin Ichika Yuno und erscheint seit 2020 im Magazin „from RED“, einer Auskopplung und Erweiterung der „onBLUE“, in welcher unter anderem mein Ehrengast der vergangenen Woche zu Hause ist.

    Die „from RED“ ist quasi noch grün hinter den Ohren, so frisch ist sie in der japanischen Manga-Szene. Erst letztes Jahr wurde die ausschließlich digital publizierte Zeitschrift mit der Absicht gegründet, experimentellen Titeln eine Plattform zu bieten. Von „Yoake no Uta“ (engl. „Lullaby of a Dawn“), dem Manga der Stunde und der Verkörperung des Anti-Mainstreams, existiert nach dem überraschenden Erfolg in Japan mittlerweile auch eine Print-Ausgabe. Das Release des zweiten Taschenbuchs ist für Dezember 2021 vorgesehen. Gerade rechtzeitig also, um es noch unterm Weihnachtsbaum zu platzieren. Da sollte es definitiv bei jedem BL-Fan liegen.



    Hiervon handelt das Werk:
    Einem alten Volksglauben zufolge lebt auf den Klippen über dem Ozean ein Schamane, der nachts die finsteren Kreaturen des Meeres bekämpft und damit die Bewohner der Insel schützt. Zum Dank für seine anhaltenden Bemühungen bringen die Menschen ihrem Wohltäter regelmäßig Opfergaben dar. Doch kaum einer traut sich mehr in die Nähe der Schamanenhütte, da auf dem Hausherrn angeblich ein schrecklicher Fluch lastet. Nur der unbedarfte und verwaiste Junge Alto erliegt irgendwann seiner kindlichen Neugier und entwickelt schon bald reges Interesse an dem abgeschieden lebenden Inselwächter mit dem traurigen Schicksal.

    Manchmal ist es wirklich schwer, die Faszination für eine bestimmte Sache in Worte zu fassen. „Yoake no Uta“ übt eine geradezu magische Anziehungskraft aus und nimmt einen emotional völlig mit auf die Reise. Unerklärlicherweise schafft es der Manga zu jeder Zeit, genau die richtigen Knöpfe zu drücken, und ist dabei in seiner sanften Erzählweise so berührend, dass mir schon eine Gänsehaut über den Körper wandert und das Wasser in den Augen steht, bevor ich überhaupt über den Auslöser nachdenken kann. Frei nach der Devise: Herz vor Hirn.

    Vor allem der mysteriöse und melancholische Elva, der sich längst mit seiner Bestimmung abgefunden hat und aufopferungsvoll für jene eintritt, die ihn wiederum unrecht behandeln oder lange vergessen haben, zieht mich richtig in seinen Bann. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass er das Potential zu einem der interessantesten und am besten geschriebenen Charaktere besitzt, die mir seit Langem im BL-Bereich untergekommen sind. Meine Bewunderung für seine Person rührt vielleicht zum Teil daher, dass er durch das blütenförmige Mal auf seiner Stirn und die langen Ohrringe wie eine hellhaarige Variante von Chrollo aus „Hunter X Hunter“ wirkt, den ich zu den beeindruckendsten Bösewichten der Manga-Geschichte zähle. Komplett leugnen kann ich nicht, dass ich Elvas visuelles Design genau wie den allgemeinen Pinselstrich innerhalb der Reihe ziemlich gelungen finde.



    Wesentlich spannender macht unseren Protagonisten jedoch die schwere Bürde, die er zu tragen hat und die der Geschichte ihren Antrieb und Kindheitsfreund Alto seine Motivation verleiht. Vom Monasterium bestimmt und entsandt, bestreiten die Schamanenpriester in „Yoake no Uta“ allerorts ihren Kampf gegen das unbekannte Böse – wohlwissend, dass die verliehenen Kräfte ihnen allmählich die Lebenskraft rauben und nach wenigen Jahren zu einem freudlosen, einsamen Tod führen. Elva ist bereits zu Beginn der Erzählung am Ende seiner Amtszeit angelangt: Der Fluch verhindert sein weiteres Wachstum und sorgt dafür, dass er im Körper eines Dreizehnjährigen gefangen bleibt.

    Während Elva sich ergeben in sein Schicksal fügt, unternimmt Alto jedoch alles Erdenkliche, um sich dem entgegenzustellen und den bedeutsamsten Menschen in seinem Leben vor dem Tod zu bewahren, indem er loszieht und die Geheimnisse ihrer gemeinsamen Welt aufzudecken versucht. Seine verzweifelten Bestrebungen, ein Heilmittel zu finden und denjenigen zu retten, der sonst immer andere rettet, werden schnell zum Wettlauf gegen die Zeit. Und so schwebt über allem die Frage: Wird es Alto gelingen, Elva am Ende von seinem Fluch zu befreien?

    Gute BL-Titel mit klassischem Fantasy-Einschlag gibt es leider viel zu wenige auf dem deutschen Markt. Abgesehen von Meguru Hinoharas „Weißer Drache“ (Egmont), welcher trotz übernatürlicher Elemente noch weitgehend in der Realität verankert ist, kommt mir aus der jüngsten Vergangenheit nichts Vergleichbares in den Sinn. Deswegen bin ich umso euphorischer, mit „Yoake no Uta“ einen wahren Schatz gefunden zu haben, der noch viel mehr im Rampenlicht stehen sollte und zwingend eine deutsche Veröffentlichung braucht.


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  19. #19
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    Jaaaa, der ist mir auch schon über den Weg gelaufen - wird von der Redaktion auch übelst gepusht; da merkt man, dass der gut angenommen wird. Hatte mich auch schon immer rein graphisch interessiert, auch wenn ich mich nicht inhaltlich mit beschäftigt hatte.

    Zur ungefähr gleichen Zeit ist auch Hime Muko von Serizawa Tomo rausgekommen - bei dem dachte ich mir "Der sieht ja recht ähnlich aus - da würde ich mich fragen, ob sie auch inhaltliche Überschneidungen aufweisen" - ich verlinke mal Bakaupdates. Scheint zumindest ebenfalls ein Fantasy-BL-Werk zu sein, wenn auch hier ein Einzelband. Von Serizawa Tomo fand ich auch Grapefruit Moon sehr interessant auf eine bodenständigere Art.
    The content of the story places scars and trauma at the forefront, and as I worked on it, I could tell that it would make a lot of people
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  20. #20
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    Zitat Zitat von Alacrity Beitrag anzeigen
    Zur ungefähr gleichen Zeit ist auch Hime Muko von Serizawa Tomo rausgekommen - bei dem dachte ich mir "Der sieht ja recht ähnlich aus - da würde ich mich fragen, ob sie auch inhaltliche Überschneidungen aufweisen"
    Ich würde sagen, die inhaltlichen Überschneidungen halten sich in Grenzen und sind eher oberflächlicher Natur, da die Settings ziemlich verschieden sind. Es sind beides Fantasy-Titel und in beiden Storys ist einer der Protagonisten auserkoren für eine höhere Aufgabe, die seit seiner Kindheit sein Leben bestimmt und für die er sich aufopfern muss, während der andere alles versucht, um ihn aus seinem Schicksal zu retten. Aber Yuno Ichika zieht das in Yoake no uta sehr viel größer auf und kann dadurch mehr in die Tiefe gehen, während Hime Muko halt ein solider und gut gezeichneter One Shot ist. Ansonsten gibt es mMn keine großen Gemeinsamkeiten, sonst wären die Titel sicher auch nicht zeitgleich im selben Magazin gelaufen.

    Aber ich bin ebenfalls der Meinung, dass der deutsche Markt mehr Fantasy-BL vertragen könnte. Ich habe Hayabusa auch schon bevor die Bücher in Japan erschienen sind, auf beide Titel aufmerksam gemacht, weil zumindest bei Yoake no uta bereits nach ein paar Kapiteln abzusehen war, dass der Manga vermutlich ziemlich einschlagen würde. Ich hoffe einfach mal, dass das unter all den anderen Empfehlungen, die sie bekommen, nicht untergegangen ist. Aber ich denke, so beliebt, wie der Titel inzwischen ist, wird es ohnehin nur eine Frage der Zeit sein, bevor er nach Deutschland kommt. Die Verlage, die viel BL im Programm haben, werden sich doch hoffentlich darum reißen, also sollte es nur an ShuCream liegen, wie schnell wir ihn hier bekommen. Ich hoffe, die Tatsache, dass sie ihre eigenen Titel fortan auch selbst digital auf Englisch anbieten wollen, wirkt sich nicht negativ auf die Lizenzvergabe für Übersetzungen in andere Sprachen aus.
    Geändert von zanagi (21.11.2021 um 10:45 Uhr)

  21. #21
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    Zitat Zitat von Alacrity Beitrag anzeigen
    Zur ungefähr gleichen Zeit ist auch Hime Muko von Serizawa Tomo rausgekommen - bei dem dachte ich mir "Der sieht ja recht ähnlich aus - da würde ich mich fragen, ob sie auch inhaltliche Überschneidungen aufweisen" - ich verlinke mal Bakaupdates. Scheint zumindest ebenfalls ein Fantasy-BL-Werk zu sein, wenn auch hier ein Einzelband.
    Über "Hime Muko" bin ich im Zusammenhang mit "Yoake no Uta" auch gestolpert. Ich habe den Titel als mögliche Fantasy-Vorstellung für die Zukunft auf meiner Liste gespeichert, müsste mich aber erstmal einlesen, um die Qualität beurteilen zu können.

    Vielleicht ist es dem ein oder anderen schon aufgefallen: Bisher habe ich hier im Thread keinerlei Einzelbände besprochen. Das liegt daran, weil ich das Gefühl habe, dass diese auch ohne mein Zutun von unseren deutschen Verlagen gefunden werden und dass mehrbändige Serien häufiger unter den Tisch fallen bzw. mehr Aufmerksamkeit verdienen. Was keineswegs heißt, dass ich alle BL-One-Shots für schlecht halte. In Zukunft werden sich bestimmt auch ein paar Einzelbände einschleichen, denn in der Kürze kann mitunter genauso viel Würze liegen.

    An dieser Stelle vielleicht mal ein kleiner Exkurs zum Begriff "One Shot", der in Japan und Deutschland sehr unterschiedlich gebraucht wird.

    Zitat Zitat von zanagi Beitrag anzeigen
    Aber ich bin ebenfalls der Meinung, dass der deutsche Markt mehr Fantasy-BL vertragen könnte. Ich habe Hayabusa auch schon bevor die Bücher in Japan erschienen sind, auf beide Titel aufmerksam gemacht, weil zumindest bei Yoake no uta bereits nach ein paar Kapiteln abzusehen war, dass der Manga vermutlich ziemlich einschlagen würde. Ich hoffe einfach mal, dass das unter all den anderen Empfehlungen, die sie bekommen, nicht untergegangen ist. Aber ich denke, so beliebt, wie der Titel inzwischen ist, wird es ohnehin nur eine Frage der Zeit sein, bevor er nach Deutschland kommt.
    Ich hoffe sehr, dass du recht behältst. Mein aktueller Eindruck ist leider der, dass die Bekanntheit von "Yoake no Uta" noch nicht in Deutschland angekommen ist. Gefühlt redet hierzulande fast niemand über dieses zauberhafte Werk. Wenn ich die Neugier nur ein bisschen entfachen konnte, habe ich mein Ziel also schon erreicht.

    Womöglich erscheinen in Deutschland so wenige Fantasy-BLs, weil sich bisherige Werke aus dieser Richtung nicht sonderlich gut verkauften. Mit "Schlaflose Nächte" (jp. "Konya mo Nemurenai") von Kotetsuko Yamamoto ist Tokyopop damals so grandios gescheitert, dass nicht mal mehr das Sequel "Kimi to Kore kara" erschien und dass seither kein Verlag weitere Werke der Autorin in Erwägung zog. Haruhira Motos "Mauri und der Drache" dürfte für Kazé auch ein ziemlicher Flop gewesen sein und wahrscheinlich gibt es mehr Beispiele dieser Art. Da fragt man sich schon: Woran liegt es, dass Fantasy-BLs selten wirklich gut angenommen werden, obwohl Fantasy an sich ein beliebtes Genre auf dem deutschen Markt ist?

    Ich freue mich jedenfalls, dass ich nicht die einzige begeisterte Leserin von "Yoake no Uta" bin, die bei den Verlagen fleißig dafür wirbt.


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  22. #22
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    Kieta Hatsukoi oder auch My Love Mix-Up ist nun auf VIKI verfügbar. Wie befürchtet ist ab Folge 3 ein Abo notwendig. Allerdings gilt dies wohl nur für einen begrenzten Zeitraum. Wer also Geduld mitbringen kann, muss noch etwa einen Monat warten.

    https://www.viki.com/tv/38218c-my-love-mix-up#episodes


    P.S. Es gibt auch die Serie Utsukushii Kare/My Beautiful Man (insgesamt 6 Episoden, heute erschien die 4.) basierend auf einer Novel, welches eigentlich exklusiv für die LGBTQ+ Plattform GagaOOLala war.
    Viki hat auch den Viki Pass angegeben, aber da sie die Folgen scheinbar wöchentlich, beginnend mit heute, veröffentlichen, ist noch unklar, ob es hier dauerhaft mit Pass oder auch zeitbegrenzt ist.

  23. #23
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    Vorab möchte ich mich erstmal entschuldigen, dass die neue Preview so lange auf sich warten ließ. Ich hatte mir eigentlich für dieses Jahr noch sehr viel mehr Titelvorstellungen vorgenommen, aber wie das halt so ist zur aktuellen Stunde, kommt es frei nach Wilhelm Busch erstens anders und zweitens als man denkt. Wahrscheinlich wird die heutige Manga-Besprechung sogar die letzte für 2021 sein. Nächstes Jahr möchte ich jedoch unbedingt wieder voll durchstarten. Bis dahin wünsche ich allen Leserinnen und Lesern dieses Threads eine besinnliche Vorweihnachtszeit und ein frohes Fest im Kreis der Lieben und manchmal auch nicht so Gerngesehenen – selbstredend mit reichlich Hüftgold auf der Tafel, schief gesungenen Weihnachtsliedern und Amazon-Gutscheinen unterm Tannenbaum.

    Auf geht’s zur letzten Vorstellungsrunde in diesem Pandemie-geplagten Jahr! Möge die heutige Manga-Reihe ein paar der Wunden heilen, welche die letzten Monate bei uns allen hinterlassen haben.


    Kimi wa Natsu no naka / Kimi to Natsu no naka



    Neben Yuu Minadukis „Love Nest 2nd“ waren „Kimi wa Natsu no naka“ sowie das Sequel „Kimi to Natsu no naka“ – im Folgenden werde ich der Einfachheit halber nur noch von „Kimi Natsu“ sprechen – eigentlich die BL-Lizenzen, mit denen ich bei der letzten Egmont-Ankündigungswelle fest gerechnet hatte. Zumal das Berliner Verlagshaus mit „The Two Lions“ bereits einen Nagisa-Furuya-Manga im Repertoire besitzt und die Kollegen aus Amerika schon im Juni diesen Jahres vorgelegt haben. Jenseits des großen Teiches erschien der erste Band der Serie unter dem englischen Titel „My Summer of You“. Die Fortsetzung, welche sich namentlich bloß durch eine Präposition vom Vorgänger unterscheidet („My Summer with You“), wird in den USA dann das neue Jahr einläuten. Der Band ist aktuell für Januar 2022 vorgesehen.

    In ihrem Heimatland Japan ist Autorin Nagisa Furuya vor allem eine etablierte Größe in der Doujinshi-Szene und offenbar bekennender Gintama-Fan, wodurch ihr direkt mein Herz und alle mir zur Verfügung stehenden Sympathien zufliegen. Nachdem sie über 50 Doujins über den bekloppten Silberschopf mit der Samurai-Seele zu Papier gebracht und ihre zeichnerischen Skills verfeinert hatte, erbarmte sich der Verlag Ichijinsha und nahm die Mangaka unter seine Fittiche. Seit 2014 publiziert Furuya regelmäßig im hauseigenen Magazin Gateau und liefert darin mit „Kimi Natsu“ ihr erstes mehrbändiges Werk ab.



    Die Geschichte handelt von Schulschwarm Chiharu Saeki, der all seine Verehrerinnen mit der schlichten Begründung abweist, dass er bereits in jemanden verliebt sei. Ziemlich schnell wird auch deutlich, welcher Person genau seine nicht besonders gut verborgenen Gefühle gelten – nämlich seinem Kino-Kumpel und Filme-Enthusiasten Wataru Toda.

    Damit wird das Rad erstmal nicht neu erfunden. Storys um heiß begehrte Schönlinge im Schul-Setting, die sich in einen ziemlich normalen Durchschnittsmenschen verlieben, gibt es sowohl im Shoujo- als auch im BL-Bereich wie Sand am Meer. Was also macht den Manga besonders? Bestimmt erwartet jetzt jeder eine fulminante Begründung, aber die ganz offene und ehrliche Antwort lautet: Nicht viel.

    „Kimi Natsu“ ist Slice of Life in Reinkultur. Wer sich mehr von der Handlung verspricht als eine ruhige, sensibel erzählte Liebesgeschichte um zwei völlig unspektakuläre Typen, die ein gemeinsames Hobby teilen, wird vermutlich furchtbar enttäuscht werden oder sich zu Tode langweilen. Wer hingegen wie ich dem Zauber des Genres erlegen ist, der wird in der Simplizität der Präsentation weitaus mehr Schönheit finden, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, denn gerade in der Einfachheit und Klarheit kann ja manchmal der wahre Reiz liegen.

    Ich sage wahrscheinlich über viele Slice-of-Life-Werke mit Romance-Einschlag, dass die Entwicklungen sich absolut real anfühlen und die Charaktere direkt aus dem Leben gegriffen wirken, aber selten meine ich es so ernst wie im vorliegenden Fall. Tatsächlich lässt es mich ein bisschen sprachlos zurück, wie unbekümmert und geradeheraus der Manga in vielerlei Hinsicht sein kann. Schon Chiharus Liebesgeständnis verläuft in so nonchalanter Art und Weise und zieht so wenig Drama nach sich, dass es fast schon ein bisschen ulkig ist, wie sehr man von seinen eigenen Erwartungen ausgetrickst wird.



    „Kimi Natsu“ ist eine Manga-Reihe, die sich genauso leicht und wärmend anfühlt, wie die sommerlichen Coverbilder und Farbseiten vermuten lassen, und die nichtsdestotrotz auch durchgeschmökert werden kann, wenn es draußen schneit. Ich empfange beim Lesen starke Vibes von „I Hear the Sunspot“ oder alten Klassikern wie „Only the Ringfinger Knows“. Fans dieser oder vergleichbarer Serien sollten unbedingt ein, zwei oder vielleicht sogar drei Blicke riskieren.

    Meine Intuition als erfahrene BL-Veteranin sagt mir zudem, dass die Geschichte von Chiharu und Wataru noch lange nicht auserzählt ist und wahrscheinlich mit jedem Band reifen wird wie ein guter Wein.
    So die abschließenden Worte einer Person, die von Alkohol nicht den blassesten Schimmer hat, weil sie selbst keinen Tropfen trinkt. Zur Feier des Tages trotzdem: Prost!


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  24. #24
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    Eyyyy, den hatte ich schonmal. XD Habe ich mal bei TP gewünscht und hier archiviert. Das war 2017, also schon wieder 4 Jahre her, ach herrje...
    Meine Meinung damals:
    Tja, eigentlich das Gleiche, was ich zum vorherigen Titel gesagt habe... Ruhig, leicht dramatisch, langsames Wachsen von Personen und daraus folgend der Liebe, so mag' ich's halt. Bei allen anderen Werken der Mangaka gilt generell: Schöne Cover und das Innenleben kann sich auch sehen lassen.
    Danke auf jeden Fall für die Vorstellung - du machst das immer sehr schön detailliert und hebst jeden Titel besonders hervor!
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  25. #25
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    Nach einer deutlich längeren als geplanten Pause, während der mich private und berufliche Angelegenheiten auf Trab gehalten haben und die guten Neujahrsvorsätze von regelmäßigen Updates direkt wieder den Bach runtergeschwommen sind, ist es nun endlich an der Zeit, den Thread aus der Versenkung zurückzuholen und mein Herzensprojekt wiederzubeleben. Yeah! Ich kann leider nicht versprechen, dass ich es wieder auf einen wöchentlichen Rhythmus schaffe, da aktuell immer noch einiges drunter und drüber geht, aber ich haue in die Tasten, wann immer ich ein paar Minuten entbehren kann.

    Es fühlt sich tatsächlich gar nicht nach drei Monaten an. Verdammt lange ist sie her, die letzte BL-Preview, deswegen zum Wiederreinkommen erstmal eine kleine und feine Kurzvorstellung. Wollte ich ursprünglich an dieser Stelle sagen. Aber nach ein wenig Grundschul-Mathematik aka Durchzählen fiel mir auf, dass ich mit dem heutigen Beitrag ein erstes kleines Jubiläum feiere. Einem Werk wird gleich die besondere Ehre zuteil, die zehnte Manga-Vorstellung in diesem Thread sein zu dürfen. Nochmal yeah! Und dafür habe ich mir nach reiflicher Überlegung ein für BL-Verhältnisse echtes Mammutprojekt herausgesucht, das alteingesessenen Hasen wie mir beim Lesen ein sehr nostalgisches Gefühl vermittelt, obwohl es im Grunde der neuste Streich einer in Deutschland nicht unbekannten Autorin ist.


    Kachou Fuugetsu



    Die Mangaka Yuki Shimizu könnte man wohl guten Gewissens als die Erfinderin jener wunderbar heilen Yaoi-Welt bezeichnen, in der das Leben in einer Blase stattfindet und gefühlt alle umherwandelnden männlichen Wesen schwul sind. Unter vielen Fans wird ein solches Szenario gerne als unrealistisch verschrien. Und ich muss ehrlich sagen: Früher hätte mich das auch etwas die Stirn runzeln lassen, obwohl es den dreckigen Fujoshi- und vielleicht auch Fudanshi-Vorstellungen ja im Grunde sehr entgegenkommt. Mittlerweile sehe ich die Sache deutlich entspannter. Wer legt denn eigentlich fest, wie viele Menschen in einem bestimmten Umfeld homosexuelle Neigungen haben dürfen? Gibt es dafür eine Obergrenze? Ich glaube nicht.

    Dass Shimizu ein Faible für lange BL-Reihen hat, bewies sie in der Vergangenheit schon mit ihren jeweils elfbändigen Serien „Love Mode“ (hierzulande erschienen bei Carlsen Manga) und „Ze“ (hierzulande bei Egmont Manga). Nun liefert sie mit „Kachou Fuugetsu“, welches seit 2011 in Shinshokans Magazin Dear + erscheint, bereits den dritten Longrunner ab, der die magische Zehn-Bände-Marke knacken konnte und meiner Einschätzung nach wahrscheinlich mehr als elf Bände umfassen wird.

    Bei der Bandanzahl enden die Ähnlichkeiten zu ihren Frühwerken jedoch nicht. Das oben erwähnte Nostalgie-Gefühl beim Lesen von „Kachou Fuugetsu“ kommt unter anderem dadurch zustande, dass sich die Autorin wieder für den altbekannten Weg entschieden hat, ein Geflecht aus miteinander verwobenen Charakteren, Beziehungen und Schicksalen zu stricken. Das ganze Ausmaß der Verbandelungen ist zu Beginn nicht direkt ersichtlich, sondern kristallisiert sich erst im Laufe der Zeit heraus. Wer bereits mit „Love Mode“ oder „Ze“ vertraut ist, kennt das künstlerische Prinzip der einzelnen Pinselstriche, die sich allmählich zu einem Gesamtwerk zusammenfügen.



    Ich muss gestehen, die Reihe hatte einen recht schwierigen Einstand bei mir. Ich brauchte mehrere Anläufe, um in die Geschichte reinzukommen, was auch dem Umstand geschuldet ist, dass „Kachou Fuugetsu“ – nachträglich betrachtet – mit dem für mich uninteressantesten Pairing startet. Um in der Sprache der Kunst zu bleiben: Die ersten Farbkleckse auf der Leinwand lassen den Leser mit hochgezogener Augenbraue zurück, da die Sinnhaftigkeit zunächst ausbleibt und der Weg, der eingeschlagen werden soll, nicht klar definiert ist.

    So mischen sich anfangs verschiedene Ideen und Themenwelten, die nicht unbedingt alle zueinander zu passen scheinen. Zum ruhigen Dorfleben mitsamt des Landwirtschaftsgedankens, Handwerksberufen wie der Töpferei und der Erbfolge-Thematik gesellen sich Anleihen an das Show-Business und das Yakuza-Milieu. Sogar eine SM-Vergangenheit eines Charakters wird vage angedeutet, spielt jedoch in den zehn Bänden danach keine größere Rolle mehr. Das Wirrwarr an Settings und Handlungselementen kann zunächst irritierend und abschreckend wirken, doch inzwischen hat sich die Reihe mehr oder weniger auf eine Richtung festgelegt, mit der ich persönlich sehr gut leben kann.

    Wenn die Einstiegshürde überwunden ist, entfaltet sich jedenfalls eine Vielzahl an durchaus spannenden Einzelgeschichten rund um die derzeit vier Pairings, die zusammengenommen eine gute Balance aus Fluff und ernsteren Momenten bieten. Zum ersten Mal richtig abgeholt – und damit meine ich in einer Weise, bei der ich ein, zwei Tränchen verdrücken musste – hat mich der Manga mit der Background-Story zu Töpfermeister Daiki und Dorfoberhaupt Sabato, der Daiki aus zunächst nicht nachvollziehbaren Gründen äußerst abweisend gegenübertritt. Hier wird ein in der Manga-Welt gern genutztes und auch von Shimizu bereits eingesetztes Motiv leicht abgewandelt und mit einem neuen, echt herzzerreißenden Twist versehen.

    Etwa ab Band 6, also mit der Einführung von Pairing Nr. 4, ist mein Herz für die Reihe schließlich vollends aufgegangen und es hat gleich tausendfach Klick gemacht. Alleine für Kiriya und Zaizen würde ich mir „Kachou Fuugetsu“ in dreifacher Ausführung ins Regal stellen, deswegen muss ich dem folgenden Absatz auch sicherheitshalber eine Warnung voranstellen: Achtung, unerträgliches Geschwärme voraus! Wer sich davon getriggert fühlt, sollte diesen Teil überspringen.



    Es fällt mir echt schwer, meine Liebe in Worte zu fassen. Nichts, was ich sage, wird den beiden Charakteren und ihrer Verbindung auch nur ansatzweise gerecht. Kiriyas und Zaizens Story ist so was von meine Lieblingsgeschichte in „Kachou Fuugetsu“ und darüber hinaus wahrscheinlich in allen Shimizu-Werken, dass beim bloßen Gedanken daran ein irres Glücksgefühl in mir aufsteigt. Das hat den einfachen Grund, dass es meines Erachtens die tiefgreifendste Beziehung ist, welche die Autorin jemals zu Papier gebracht hat. Sie erzählt nicht nur in ein, zwei Rückblicken, was diese Männer geformt hat, sondern lässt uns an allen wichtigen Stationen ihres Lebens teilhaben und zeigt die gesamte Entwicklung von rivalisierenden Kindheitsfreunden mit schweren Päckchen bis hin zum Yakuza-Boss und seinem Anwalt. Obwohl sie alterstechnisch wahrscheinlich die reifsten Charaktere der Reihe sind, zeigen Kiriya und Zaizen auch als Erwachsene deutlich, dass sie sich einige ihrer kindlichen Züge und Verhaltensmuster im Umgang miteinander bewahrt haben. Mag sein, dass ich ein bisschen durch die rosarote Brille gucke, aber die beiden sind einfach großartig. Jeder für sich so unbeschreiblich sympathisch und fast witzig in seiner individuellen Art und im Duo ein Mega-Gespann, das sich gegenseitig guttut. Mein Dank an Shimizu für dieses wunderschöne Pairing geht hiermit raus.

    Natürlich muss meine persönliche Präferenz nicht zwangsläufig den Vorlieben der Masse entsprechen, aber angesichts der wirklich unterschiedlichen Konstellationen sollte im Idealfall hier jeder Leser ein Pärchen nach seinem Gusto finden. Neben den bereits genannten gibt es mit Youmei und Hizuru noch ein zweites Pairing mit Yakuza-Einschlag, bei dem es auf ganz andere Weise um Loyalität und gegenseitigen Beschützer-Instinkt geht. Dann haben wir mit dem etwas zwielichtigen und leicht sadistisch veranlagten Arzt Hitomi und dem fast zu lieben Jungen Ito-kun das eigentlich zuerst eingeführte Paar, das jedoch ironischerweise bis dato am wenigsten beleuchtet wurde. Vermutlich wird sich die Autorin in den letzten Bänden deren Entwicklung widmen, um den Kreis zum Beginn der Geschichte zu schließen.

    Bis Shimizu an diesen Punkt gelangt, setze ich meine Hoffnungen und Erwartungen in unsere deutschen Verlage und die kommenden Lizenzrunden. Vielleicht geht ja dieses Jahr der ein oder andere Wunsch in Erfüllung. Ich würde mich über jedes Werk aus diesem Thread wahnsinnig freuen.
    Geändert von Eraclea (20.03.2022 um 12:24 Uhr)


    Manga-Wünsche:
    Daraku Kazokuron, Uchuu Kyoudai, Chihayafuru, 3-gatsu no Lion,
    Ashita wa Docchi da, Kei x Yaku: Abunai Aibou,
    Rainbow, Kingdom, Seirei no Moribito (LN), Rumspringa no Joukei, Shinai Naru Gene e, Machida-kun no Sekai, Oni to Tengoku,
    Semantic Error, Historie, Warui Koto Shitai Series, 7 Seeds, Udon no Kuni no Kiniro Kemari, Stay Gold, Kachou Fuugetsu

    Neuauflagen: Eden, Naru Taru, Peace Maker Kurogane,
    Kino no Tabi (LN)

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